Unterfranken:Schulleiter will Jogginghosen verbieten

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  • Der neue Rektor einer Realschule in Bad Kissingen in Unterfranken wollte Jogginghosen, Kopfbedeckungen und knappe Outfits aus seiner Schule verbannen.
  • Mittlerweile rudert der Direktor zurück. Die Hinweise zu einer angemessenen Kleidung seien lediglich als Anregung zu verstehen.
  • Auch das Kultusministerium hat sich in die Debatte eingeschaltet.

Von Karsten Fehr, Bad Kissingen

Dass seine erste Amtshandlung derart hohe Wellen schlagen würde, damit hatte wohl auch er nicht gerechnet: In der Realschule im unterfränkischen Bad Kissingen hat der neue Rektor, Torsten Stein, das Tragen von Jogginghosen, Mützen und "zu knappen Outfits" verboten. Dies löste eine heftige Debatte in der Schülerschaft aus. Inzwischen rudert der Schulleiter zurück.

Am ersten Schultag, just nach seinem Amtsantritt, hatte Stein, der von der Realschule Bad Brückenau nach Bad Kissingen gewechselt ist, eine Neuerung für seine Schüler parat: Er änderte die Hausordnung in Bezug auf die Kleidung der Kinder und Jugendlichen. Nachzulesen war diese bis Mittwoch Mittag auf der Internetseite der Schule. Dort stand: "Das Tragen von Kappen, Wollmützen sowie anderen Kopfbedeckungen ist im Schulgebäude, auch vor und nach dem Unterricht sowie in den Pausen, untersagt."

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Doch damit nicht genug: Kleidung drücke immer auch die Einstellung und die Wertschätzung für den Ort aus, an dem sie getragen werde, hieß es in Punkt fünf der Hausordnung. "Eine Schule ist kein Sportplatz und keine Disco", lautete die klare Ansage des Direktors. "Deshalb ist das Tragen von Jogginghosen außer im Sportunterricht, von zu knappen Outfits sowie von Kleidungsstücken mit gewaltverherrlichenden, obszönen oder satanistischen Aufdrucken nicht erlaubt."

Auf Nachfrage der Süddeutschen Zeitung relativierte Stein am Mittwoch das Verbot. In einer Stellungnahme schreibt der Direktor: "Die von mir gegebenen Hinweise zu einer angemessenen Kleidung in der Schule sind lediglich als Impuls und als Anregung zu verstehen. Weitere Initiativen in dieser Angelegenheit sind derzeit nicht geplant. Ich habe dies gegenüber den Gremien der Schule deutlich gemacht." Die Hausordnung, in der das Verbot stand, ist inzwischen von der Schulseite verschwunden.

Gegenüber der Main-Post, die über den Fall berichtete, hatte Stein noch deutlich gemacht: "Als Lehrer habe ich keine Lust, Schüler zu unterrichten, die T-Shirts mit dem Aufdruck 'Montags könnt ich kotzen' tragen." Die Schüler, hieß es in dem Bericht weiter, hätten sich ob des Verbotes bevormundet gefühlt. Auf der Facebook-Seite des Blattes entfachte daraufhin eine Debatte: "Die Schule greift in das Persönlichkeitsrecht ein", schrieb eine Frau. "Ein bisschen vernünftig angezogen sollte jeder Schüler sein", meinte hingegen eine andere Userin.

Das Kultusministerium machte deutlich, das bayerische Schulrecht enthalte keine Vorschriften darüber, wie Schüler im Allgemeinen gekleidet sein sollten. Gleichwohl seien diese "dazu verpflichtet, sich so zu verhalten, dass der Schulbetrieb nicht gestört wird." Ob ein Kleidungsstück tatsächlich einer solchen Störung entspricht, liege im pädagogischen Ermessen der Lehrkräfte.

Das Ministerium setzt bei dem Thema auf den Dialog: "Die Schulleitungen vor Ort können gemeinsam mit Lehrern, Eltern und Schülern eine Entscheidung darüber treffen, ob und, wenn ja, welche Regelungen zur Kleiderwahl es geben kann." Einzige Einschränkung: "Die Persönlichkeitsrechte der Schüler dürfen nicht verletzt werden."

Dass an einer Schule bestimmte Kleidungsstücke verboten werden, ist nicht neu. Die Diskussion brandet immer wieder auf. Im Mai 2015 sorgte ein Hotpants-Verbot am Würzburger Deutschhaus-Gymnasium für Wirbel. Ende 2015 wurde an einer Schule in Baden-Württemberg ein Jogginghosen-Verbot erlassen. Allerdings hatten in diesen Fällen Schüler, Lehrer und Eltern - gemäß der Empfehlung des Ministeriums - gemeinsam entscheiden dürfen.

© SZ vom 29.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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