TV-Duell Seehofer gegen Ude:Wenn der Alles-gut-Ministerpräsident ins Schwitzen kommt

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Hatte gut Lachen: Christian Ude beim TV-Duell gegen Horst Seehofer. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Christian Ude gelingt es beim TV-Duell mit einem starken Auftritt, Horst Seehofer aus seiner Komfortzone zu vertreiben. Ein Triumph? Nein. Eher ein Pflaster auf eine Wunde, die längst ausgeblutet ist. Warum das bayerische TV-Duell trotzdem große Wirkung entfachen kann.

Ein Kommentar von Sebastian Gierke

Welch ein Triumph für Christian Ude! Und wie er es genossen hat! Aug' in Aug' stand er seinem Kontrahenten gegenüber. Und der konnte ihm diesmal nicht einfach ausweichen. Zusammen mit dem gut vorbereiteten Moderator Sigmund Gottlieb ist es dem SPD-Herausforderer beim bayerischen TV-Duell gelungen, Horst Seehofer zu erden, ihn ins Schwitzen zu bringen, den Alles-gut-Ministerpräsidenten dazu zu zwingen, über Probleme zu reden.

Seehofer hatte bislang einen Wahlkampf geführt, in dem er jedweden Konflikt unter einer dekorativen Oberfläche zu verstecken suchte. Seehofer verlor sich in ausschweifender Bayern-Lobhudelei - und Udes Partei verlor ihre Zuversicht.

Jetzt also ein Neubeginn? Mit wehenden roten Fahnen das schwarze Bayern stürmen? Nein. Im Schein eines gelungenen TV-Duells liegt ganz sicher nicht das Ganze. Ude hat im TV-Studio ein Pflaster auf eine Wunde gelegt, die längst ausgeblutet scheint. Die Bayern-SPD führt vor allem auf dem Land einen anämischen Wahlkampf, ist vielerorts nicht kampagnenfähig.

Viel zu viel ist schlecht gelaufen im SPD-Wahlkampf. Der Abstand zwischen Ude und Seehofer in den Umfragen ist gewaltig. Ein überraschend starker Auftritt Udes wird mit großer Wahrscheinlichkeit nichts daran ändern, dass Seehofer auch nach dem 15. September Ministerpräsident im Freistaat bleibt. Und trotzdem: Dieses TV-Duell kann eine gewaltige Wirkung haben.

Einerseits, weil die absolute Mehrheit der CSU keineswegs sicher ist. Selbst der Fortbestand der Koalition ist gefährdet, weil die FDP möglicherweise den Einzug in den Landtag verpasst.

Und andererseits, weil es für Ude darum gehen muss, ein Debakel zu verhindern. Laut Umfragen besteht für die Bayern-SPD sogar die Gefahr, noch schlechter abzuschneiden als 2008 - trotz Ude.

Doch auf dem niedrigen Niveau, auf dem die Bayern-SPD angelangt ist, liegt zwischen Debakel und ehrbarem Ergebnis nicht viel. 18 Prozent oder 22 Prozent, das sind nur vier Prozentpunkte Unterschied, dazwischen liegen Welten. Für Ude und sein Ansehen. Viel mehr noch aber für Peer Steinbrück.

Der SPD-Kanzlerkandidat befindet sich nach seinem achtbaren Auftritt im TV-Duell gegen Merkel im Aufwind. Doch dieser Trend ist eine zarte Pflanze. Ein SPD-Debakel in Bayern, eine Woche vor der Bundestagswahl, würde sie nicht überstehen.

Ein halbwegs achtbares Ergebnis Udes allerdings, eines, das sich mit einiger Mühe als Resultat eines gelungenen Schlussspurts verkaufen lässt, das könnte Steinbrück wichtige Stimmen sichern.

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