Skischaukel:Lokalpolitiker hätten nicht über Riedberger Horn abstimmen dürfen

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  • Im erbitterten Streit um den Bau der Skischaukel im Skigebiet Grasgehren gibt es neue, schwerwiegende Vorwürfe.
  • Nach Ansicht eines Verwaltungsjuristen hätten der Bürgermeister und fünf Gemeinderäte das Projekt nicht vorantreiben dürfen.
  • Auch der Obermaiselsteiner Gemeinderat hätte nicht über das Projekt abstimmen dürfen.
  • Grund dafür ist, dass die Ortspolitiker Verbindungen zum Investor haben.

Von Lisa Schnell und Christian Sebald, München

Amtsmissbrauch und Pflichtverletzung: Es sind neue, schwere Vorwürfe, die den erbitterten Streit um den Bau der Skischaukel am Riedberger Horn anheizen. Nach Überzeugung des Regensburger Verwaltungsrechtlers Gerrit Manssen haben der Obermaiselsteiner Bürgermeister Peter Stehle, vier seiner Gemeinderäte und ein weiterer Gemeinderat aus Balderschwang diese Verfehlungen begangen, als sie das Projekt in ihren Gremien vorangetrieben und in Abstimmungen befürwortet haben.

Der Grund: Die sechs Lokalpolitiker sind Gesellschafter oder haben familiäre Beziehungen zur "Grasgehrenlift Otto Schmid OHG", dem Investor also, der die Skischaukel errichten will. "Deshalb hätten sie sich nicht an den Abstimmungen über das Projekt beteiligen dürfen", sagt Manssen. "Weil sie es doch getan haben, haben sie ihre Mandate missbraucht für ihre finanzielle Vorteile."

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Manssens Urteil zufolge ist damit sogar das bisherige Verfahren für die Skischaukel an dem 1787 Meter hohen Allgäuer Gipfel nichtig. Denn der Obermaiselsteiner Gemeinderat hätte nach Einschätzung des Verwaltungsrechtlers gar nicht über das Projekt abstimmen dürfen, weil die Mehrheit seiner Mitglieder Verbindungen zu dem Investor hat. Der Obermaiselsteiner Gemeinderat zählt neun Mitglieder. Zieht man Bürgermeister Stehle und die vier anderen Obermaiselsteiner Gemeinderäte mit Verbindungen zu der OHG ab, bleiben nur vier Gemeinderäte übrig.

Das ist weniger als die Hälfte, damit ist ein Gemeinderat nicht mehr beschlussfähig. Manssens Urteil gilt für alle bisherigen Entscheidungen - ob das der Grundsatzbeschluss ist, das Projekt voranzutreiben, die Entscheidung für die Aufstellung eines sogenannten Teilflächennutzungsplanes oder zuletzt der Beschluss, die Obermaiselsteiner über das Projekt abstimmen zu lassen.

Die Basis, auf die sich der Verwaltungsrechtler stützt, ist die Bayerische Gemeindeordnung. Nach deren Paragraf 49 darf ein Mitglied eines Gemeinderats an einer Beratung und Abstimmung nicht teilnehmen, wenn der Beschluss ihn selbst, seinem Ehegatten, seinem Lebenspartner, einem Verwandten oder Verschwägertem bis zum dritten Grad einen direkten Vorteil oder Nachteil bringen kann.

Persönliches Interesse an dem Projekt?

Zwar gibt es - wie immer im Verwaltungsrecht - allerlei zusätzliche Bestimmungen und Ausführungen, welche die Causa einigermaßen verzwickt machen. Aber letztlich ist nach Manssens Worten klar Artikel 49 in Anschlag zu bringen: Wegen ihrer Verbindungen zu der OHG hätten Bürgermeister Stehle und die anderen Gemeinderäte persönliche Interessen an dem Projekt.

Die Naturschutzverbände, die die Skischaukel massiv bekämpfen, fühlen sich durch das Gutachten voll bestätigt. "Wir fordern die Gemeinden und die Staatsregierung ein weiteres Mal auf, von den Plänen zu lassen", sagt Erwin Rothgang von der Alpenschutzkommission Cipra, in der alle Verbände und Organisationen zusammengeschlossen sind, die sich dem Schutz der Berge verpflichtet fühlen.

Grüne fordern eine Stellungnahme des Innenministers

Die Landtags-Grünen gehen mit den Lokalpolitikern sehr viel härter ins Gericht. Für Fraktionschef Ludwig Hartmann sind die Vorgänge "nicht weit weg" von dem Korruptionsskandal in Regensburg. Er fordert eine Stellungnahme von Innenminister Joachim Herrmann (CSU), der die oberste Aufsicht über die Kommunen innehat. "Wir wollen einen Bericht, wie er das Gutachten einschätzt", sagt Hartmann.

Am Landratsamt Oberallgäu, das den Gemeinderäten Obermaiselstein und Balderschwang bereits einmal korrektes Verhalten bescheinigt hat, erkennt man keinen Anlass zum Handeln. "Wir sehen uns das Gutachten an", sagt ein Sprecher. "Aber es dürfte nichts an unserer Auffassung ändern."

© SZ vom 24.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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