Schulen in Bayern:Schluss mit der Frühpension für Lehrer

Teacher with anatomy model and students in class model released Symbolfoto property released PUBLICA

Ältere Lehrer sind nicht zuletzt durch ihre Erfahrung eine Stütze des Schulsystems. Manche aber würden gerne vorzeitig in Ruhestand gehen.

(Foto: imago stock&people)
  • Bayern setzt eine unpopuläre Maßnahme gegen den Lehrermangel um: Wer im Februar 2018 vorzeitig in Pension gehen wollte, darf nicht.
  • Im Frühjahr fehlten so viele Lehrer, dass wochenlang kein normaler Unterricht möglich gewesen sei, beklagen Schulleiter.
  • Betroffen sind nur Grund-, Mittel-, und Förderschulen.

Von Anna Günther

Der Lehrermangel an Grund-, Mittel- und Förderschulen ist so groß, dass das Kultusministerium zu drastischen Mitteln greift: Anträge auf Frühpensionen sollen soll für den Februar 2018 nicht genehmigt werden. Alle Lehrer, die vorzeitig in Ruhestand gehen wollten, müssen bis zum Schuljahresende warten. Diese Information ging nun an die Bezirksregierungen. Eine endgültige Lösung werde noch abgestimmt, heißt es im Ministerium. Einzelfälle sollen weiter geprüft werden, aber von der Sperre ausgenommen wären nur behinderte oder dienstunfähige Lehrer. Nicht nur ältere Pädagogen sind betroffen. Im kommenden Schuljahr sollen auch keine Anträge für den Auslandsschuldienst oder Beurlaubungen genehmigt werden. Außerdem müssen Lehrer in Teilzeit künftig mindestens 21 Stunden pro Woche unterrichten. Ausgenommen sind Beurlaubungen und Teilzeit aus familiären Gründen.

Diese Schritte sind unpopulär, besonders wegen der anstehenden Wahlen. Entsprechend sagt niemand offen, dass diese Maßnahmen längst überfällig sind. Denn das Grundproblem ist offenbar nicht anders in den Griff zu kriegen. Im Frühjahr 2017 war die Situation an einigen der 2400 Grund- und 900 Mittelschulen so dramatisch, dass Opposition und der Bayerische Lehrerverband mehrmals Alarm schlugen und Petitionen sowie Briefe verzweifelter Eltern im Landtag eingingen.

Schulleiter sprachen vom schlimmsten Jahr seit Dekaden, in dem wochenlang nicht an normalen Unterricht zu denken gewesen sei. Von 30 000 Klassen mussten 1000 anderweitig versorgt werden, weil auch die Mobile Reserve, also Lehrer, die bei kurzfristigen Ausfällen einspringen, bereits fest verplant war. "Wir haben eine Krisensituation, und die verlangt nach Notmaßnahmen, aber das Ministerium muss überlegen, was sozial verträglich ist", sagt Lehrerverbandspräsidentin Simone Fleischmann. Die Krise dürfe nicht allein auf dem Rücken der Lehrer ausgetragen werden, die das System noch stabil halten.

Auf einen Schlag waren im Februar 400 Stellen neu zu besetzen, mehr als 300 davon aufgrund von Pensionierungen. Drei Viertel der Pensionisten waren früher in Ruhestand gegangen. Im Februar 2018 dürfte es ähnlich sein. Das Problem ist systemimmanent, denn nur an Gymnasien werden auch zum Halbjahr Referendare fertig und Lehrer eingestellt. Wenn also an Grund-, Mittel und Förderschulen im kommenden Februar mehrere hundert Lehrer in Pension gehen, gibt es niemanden, der übernehmen könnte. Die Wartelisten für Grund- und Mittelschullehrer sind nicht erst seit den Integrationsklassen für Flüchtlinge abgeräumt.

Nur, selbst mit den Nachqualifizierungen, in denen bisher bereits 880 Gymnasial- und Realschullehrer im Schnelldurchlauf parallel zum Unterricht an den Volksschulen umgeschult werden, reicht es nicht. Auch für das neue Schuljahr hat das Kultusministerium wieder ein solches Programm aufgesetzt, diesmal sogar für die Grundschulen und ohne Beschränkung von Plätzen oder Noten. Alle Interessenten werden geprüft, egal welche Fächer sie studiert haben.

Um die Unterrichtsversorgung sicherzustellen, werden Pensionisten aus dem Ruhestand zurückgeholt und sogar Laien in die Klassenzimmer gestellt. Insider sprechen zudem von einer dreistelligen Zahl von Studenten, die ohne Referendariat Kinder unterrichten, damit keine Stunden ausfallen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: