Landshut:"Die haben sich wenig Mühe gegeben": Polizei schnappt dilettantische Geldfälscher

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Das Landeskriminalamt stellte in der Garage nahe Landshut Säcke voller Falschgeld sicher. (Foto: Sven Hoppe/dpa)
  • Die Polizei ist in einer Garage bei Landshut auf die größte je in Bayern aufgedeckte Geldfälscherwerkstatt gestoßen.
  • Die Mieter der Garage, zwei arbeitslose Deutsche aus dem Raum Landshut, sitzen nun in Untersuchungshaft.
  • Die produzierten Banknoten hatten die mutmaßlichen Täter im Darknet verkauft.

Von Ruth Eisenreich, München

Was machen zwei junge Männer regelmäßig in der frei stehenden Garage nebenan, ganz ohne Auto, dafür aber mit Säcken voll Papier? Das fragten sich im Januar Bewohner eines kleinen Ortes nahe Landshut.

Sie riefen die Polizei - und die stieß in der Garage auf die größte je in Bayern aufgedeckte Geldfälscherwerkstatt. So schildert Helmut Schäfer, der Leiter des Sachgebiets Falschgeld beim Bayerischen Landeskriminalamt (LKA), den Fall am Mittwoch bei einer Pressekonferenz.

Wobei "groß" in diesem Zusammenhang relativ ist: Das gesamte Werkzeug der Fälscher hat problemlos auf einem einzigen Tisch im Konferenzraum des LKA Platz.

Drei ganz normale Tintenstrahldrucker, dazu zwei Schneidemaschinen, ein paar Bögen Hologrammfolie, einige Fläschchen mit Druckerfarbe und Chemikalien; davor liegen, hübsch aufgefächert, ein paar Dutzend gefälschte 50-Euro-Scheine. In einer Ecke lehnen prall gefüllte gelbe Müllsäcke, darin A-4-Bögen mit aufgedruckten Fünfzigern.

Die gefälschten Banknoten hatten die mutmaßlichen Täter im Darknet verkauft

All das fanden die Beamten des LKA, als sie am 24. Februar die Garage bei Landshut durchsuchten. Die Qualität der Banknoten ist laut Helmut Schäfer genau so schlecht, wie das Equipment vermuten lässt: "Die haben sich wenig Mühe gegeben."

Einzig die Hologramme darauf seien "ganz gut" gemacht und würden dem Geld im ersten Moment einen Anschein von Echtheit verleihen. Sie seien wohl auch relativ aufwendig zu besorgen gewesen: Hologramme herzustellen, sei nicht einfach, aber man könne sie im Ausland bestellen, etwa in China.

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Die Mieter der Garage, zwei arbeitslose Deutsche aus dem Raum Landshut, sitzen nun in Untersuchungshaft. Sie sind 21 und 23 Jahre alt und der Polizei bereits wegen kleinerer Vermögensdelikte bekannt. Der Ältere habe bereits gestanden, sich dabei aber als Helfer dargestellt, sagt die zuständige Staatsanwältin Hildegard Bäumler-Hösl; der Jüngere habe bisher keine Angaben gemacht.

Seit Mitte Dezember, vermutet das LKA, sei die Fälscherwerkstatt der beiden in Betrieb gewesen. Die produzierten Banknoten hatten die mutmaßlichen Täter im Darknet verkauft, in einem verborgenen Teil des Internets, in dem etwa auch mit Drogen oder Waffen gehandelt wird. Bezahlt wurde mit Bitcoins, einer digitalen Währung. Pro gefälschtem 50-Euro-Schein verlangten die Fälscher umgerechnet knapp zehn Euro.

Wie viele Scheine sie verkauften, ist noch völlig unklar. Den bisher einzigen Anhaltspunkt geben knapp 200 Post-Einlieferungsbelege, die die Polizei ebenfalls in der Garage fand.

Wenn man davon ausgeht, dass niemand weniger als fünf Scheine bestellt, rechnet Helmut Schäfer vom LKA vor, haben die Fälscher also Banknoten im "Wert" von mindestens 50 000 Euro verschickt. Eingenommen hätten sie damit nach dieser Rechnung mindestens 10 000 Euro. Die tatsächliche Summe könnte noch deutlich höher sein.

Wer Falschgeld herstellt, kauft oder in Verkehr bringt, den erwartet in Deutschland eine Gefängnisstrafe von mindestens einem Jahr. Ungewöhnlich sei, dass im aktuellen Fall alle Tatbestände des betreffenden Paragrafen erfüllt seien, sagt Staatsanwältin Bäumler-Hösl.

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Über Darknet-Foren sollen unter anderem Waffen und Drogen verkauft worden sein. Mehrere Verdächtige wurden festgenommen, auch in Deutschland.

Weil die Beschuldigten keine anderen Einkünfte gehabt und offenbar ihren Lebensunterhalt durch die Fälscherei bestritten hätten - einer der beiden habe darüber hinaus kurzzeitig einen Lamborghini für etwa 500 Euro pro Tag gemietet -, sei außerdem von Gewerbsmäßigkeit auszugehen. Das bedeutet eine Mindeststrafe von zwei Jahren.

Mit Hilfe der in der Garage gefundenen Postbelege hofft das LKA, auch die Käufer des Falschgeldes ausfindig machen zu können. "Man glaubt, Taten im Darknet hinterlassen keine Spuren", sagt Helmut Schäfer vom LKA, "aber hier gibt es unglaublich viele."

Geldautomaten schlucken keine Blüten

Eine Liste von bundesweit 50 Namen habe man in den ersten Ermittlungstagen bereits zusammengestellt; auch in die Niederlande, in die Schweiz und nach Österreich hatten die Fälscher geliefert.

Der Fund fällt in eine Zeit der Falschgeld-Rekorde. Schon im ersten Halbjahr 2015 waren in Bayern laut LKA so viele falsche Banknoten sichergestellt worden wie seit Jahren nicht, um 85 Prozent mehr als im selben Zeitraum des Vorjahres. Deutschlandweit und im gesamten Euro-Raum waren es im Jahr 2015 sogar so viele Scheine wie noch nie.

50-Euro-Scheine wie im aktuellen Fall seien in Deutschland die meistgefälschten Banknoten, sagt Schäfer - wahrscheinlich, weil sie beim Bezahlen weniger genau angeschaut werden als Hunderter oder Zweihunderter und sich der Aufwand eher lohnt als bei Zehnern oder Zwanzigern.

Schäfer und Bäumler-Hösl nützen die Gelegenheit, um potenzielle Käufer vor der Bestellung von Falschgeld zu warnen: Geldautomaten schlucken keine Blüten, sagt Schäfer, "man muss also einem anderen Menschen in einem Laden gegenübertreten und ihn offen betrügen".

Wer dabei erwischt werde, dem drohe mindestens ein Jahr Haft, sagt Bäumler-Hösl. Und wer Falschgeld bestellt und miese Qualität geliefert bekommt, der kann den Verkäufer nun mal schlecht bei der Polizei anzeigen.

© SZ vom 03.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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