In der Hallertau:300 Einwohner, Zehntausende Masthähnchen

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Laut Fachleuten konzentriert sich die Geflügelbranche auch in Bayern auf Massentierhaltung - Hähnchen in einem Stall im Landkreis Rottal-Inn. (Foto: A. Gebert/dpa)

Pläne für gigantische Geflügelställe im Landkreis Pfaffenhofen lösen Unmut aus, nun gibt es Klagen gegen das Bauprojekt. Die Hähnchenmast zählt zu den umstrittensten Arten der Tierhaltung.

Von Christian Sebald, München

Der Streit um den Bau einer gigantischen Hühnermastanlage im oberbayerischen Wolnzach geht vor Gericht. Nach der Gemeinde Wolnzach hat nun auch der Bund Naturschutz (BN) vor dem Verwaltungsgericht München Klage gegen die Großställe eingereicht, die ein Landwirt in dem kleinen Wolnzacher Ortsteil Eschelbach errichten will.

"Wir lehnen solche Massentierhaltungen entschieden ab", sagt der Landesbeauftragte des BN, Richard Mergner, "und zwar nicht nur wegen des Tierschutzes, sondern auch wegen der gravierenden Auswirkungen für die Menschen in dem Dorf und die angrenzenden Flächen und den Wald dort." Deshalb werde man alles dafür tun, um den Bau der Massentierhaltung zu verhindern.

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Eine Million Brathähnchen pro Jahr will ein Wolnzacher Landwirt in zwei neuen Großställen produzieren. Das Landratsamt hat den Bau bereits genehmigt - doch der Protest reißt nicht ab.

Von Christian Sebald

Damit wäre sein Betrieb Bayerns größte Hähnchenmastanlage

Der Landwirt und Bauherr betreibt in dem 300-Einwohner-Ort in unmittelbarer Nähe des Autobahndreiecks Holledau bereits zwei Großställe mit insgesamt 40 000 Hühnermastplätzen. Diese will er nun auf 43 600 Mastplätze erweitern. Außerdem plant der zwei neue Großställe mit jeweils 50 500 Mastplätzen. Mit ihnen käme der Betrieb auf insgesamt 144 600 Mastplätze. Bei 7,5 Mastzyklen im Jahr könnte der Landwirt ungefähr eine Million Hähnchen im Jahr zur Schlachtreife bringen. Damit wäre sein Betrieb Bayerns größte Hähnchenmastanlage. Zwar steht im oberpfälzischen Schwandorf ein noch größerer Betrieb mit 255 000 Mastplätzen. Aber in ihm werden nicht nur Hühner, sondern auch anderes Geflügel gehalten.

Für Experten ist der Eschelbacher Betrieb Ausdruck der immensen Konzentration in der Geflügelbranche auch im Freistaat. Zwar sind die aktuellsten, öffentlich verfügbaren Zahlen schon sieben Jahre alt. Aber nach der Einschätzung von Experten dürften sie sich insgesamt nur wenig verändert haben. Laut Agrarbericht 2014 gab es damals 5,22 Millionen Hähnchenmastplätze in Bayern. 5,11 Millionen oder knapp 98 Prozent entfielen auf Massentierhaltungen mit mehr als 10 000 Tieren. Allein in den 16 größten Mastbetrieben des Freistaats wurden 2,5 Millionen Mastplätze gezählt, das waren knapp 48 Prozent der gesamten Mastplätze.

Die Qual der 32-tägigen Turbomast

Die Hähnchenmast zählt zu den umstrittensten Arten der Tierhaltung. Für die Gegner sind in ihr die Verstöße gegen den Tierschutz ebenso klar wie massiv. Die Hauptvorwürfe lauten, dass die Hühner keinerlei Auslauf ins Freie haben, dass sie nicht auf dem Boden nach Insekten und Würmern suchen könnten und auf keine Stangen zum Hinauffliegen hätten. Auch die meist 32-tägige Turbomast auf ein Schlachtgewicht von 1,6 Kilogramm sei eine Qual. In seiner Klage wirf der Bund Naturschutz dem Landratsamt Pfaffenhofen gravierende Fehler im Genehmigungsverfahren vor. So habe die Behörde die Belastungen für die Eschelbacher Bevölkerung komplett unterschätzt - sowohl was den Gestank der Anlage anbelangt, als auch den Ausstoß von Keimen. Auch die Gefahren für die Umwelt, vor allem für ein geschütztes Wäldchen in der Nähe, seien nicht angemessen berücksichtigt worden.

Die Gemeinde Wolnzach, die bereits während des Genehmigungsverfahrens wiederholt ihr Veto gegen die Großstallungen eingelegt hat, wirft der Kreisbehörde vor, nicht auf die Belastung für den kleinen Ort durch den neuen Betriebsverkehr eingegangen zu sein. Außerdem liegt im Landtag eine Petition gegen das Projekt vor, über die nicht entschieden worden ist. Auch deshalb steht das Landratsamt in der Kritik. Für gewöhnlich warten Behörden nämlich Landtagsbeschlüsse über Petitionen ab, bevor sie über die jeweilige Sache entscheiden.

© SZ vom 16.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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