Fall Mollath:Merk stößt auf Skepsis

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Gustl Mollath will, dass sein Fall aufgeklärt wird. Dafür braucht es aber ein Wiederaufnahmeverfahren. (Foto: dpa)

"Mit zunehmender Dauer unverhältnismäßig": Eine Aussage von Bayerns Justizministerin Merk deutet darauf hin, dass Gustl Mollaths Chancen auf eine baldige Freilassung aus der Psychiatrie steigen. Doch der reagiert skeptisch. Ihm geht es um etwas anderes.

Von Olaf Przybilla

Mit Zurückhaltung hat Gustl Mollath auf die Ankündigung von Justizministerin Beate Merk (CSU) reagiert, wonach sie in ihrer Stellungnahme ans Bundesverfassungsgericht klar machen wolle, die Unterbringung Mollaths sei "mit zunehmender Dauer unverhältnismäßig".

Eine mögliche Freilassung aufgrund einer Unverhältnismäßigkeit sei nicht das, was er erreichen wolle, sagte Mollath im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung. "Das bringt mir letztendlich wenig." Womöglich in naher Zukunft aus der Psychiatrie entlassen zu werden, das heiße für ihn "noch lange kein selbstbestimmtes Leben".

Ihm gehe es um die Wiederaufnahme seines Verfahrens. Nur so könne sein Fall aufgeklärt werden. Und nur so könne der Richterspruch über ihn - Freispruch wegen Schuldunfähigkeit und Einweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus - womöglich aus der Welt geschafft werden.

Merk hält Mollaths Unterbringung eigenen Worten zufolge inzwischen für zunehmend "unverhältnismäßig". Sie wolle dies in ihrer Stellungnahme ans Verfassungsgericht klar machen. Die Situation Mollaths mache sie "selbstverständlich betroffen", sagte Merk. Sollte in dem Fall etwas elementar falsch gelaufen sein, "dann wäre das für mich persönlich ganz schrecklich".

"Schadensbegrenzung auf meine Kosten"

Mollath reagiert darauf skeptisch. Er verstehe, dass man nun politisch "Druck aus dem Kessel nehmen" wolle. Die Ankündigung der Ministerin halte er für eine Möglichkeit, dies zu erreichen. Aber es helfe ihm, Mollath, kaum weiter. Ihn demnächst womöglich aus der Psychiatrie zu entlassen, "um danach von offizieller Seite sagen zukönnen, jetzt wollen wir aber mal unsere Ruhe haben: Das brauch ich nicht."

Mit einem "rechtskräftig über mich ausgesprochenen und bestehenden Strafrechtsparagrafen 63" - Mollath war Schuldunfähigkeit attestiert worden - sei "ein normales Leben künftig kaum zu führen", auch in Freiheit nicht. Eine nur mit Unverhältnismäßigkeit begründete Freilassung hielte er daher "für Schadensbegrenzung auf meine Kosten".

Von den Behörden werde ihm weiter kaum Hilfe zuteil, um aufzuklären, wo seine Habe nach der Zwangsversteigerung seines Elternhauses hingekommen sei. Seine Situation habe sich insofern gebessert, als diese nun öffentlich wahrgenommen werde. Am Verhalten der Institutionen aber habe sich fast nichts geändert.

Zeit für zwei Entlassungen

Die Opposition reagierte am Dienstag mit scharfer Kritik auf Merks Äußerungen. Die SPD-Abgeordnete Inge Aures nannte diese peinlich. Dass die Ministerin erst nach der Anfrage des Gerichts Zweifel äußere, sei "ein Hammer". Nach Auffassung von Florian Streibl, Abgeordneter der Freien Wähler, gebe es "für den plötzlichen Sinneswandel der Ministerin keinerlei sachliche Gründe".

Der Grünen-Abgeordnete Martin Runge sagte, nun stelle sich "ausgerechnet die Frau öffentlich an die Spitze der Free-Mollath-Bewegung, die immer behauptete, in dem Fall sei alles mit rechten Mitteln zugegangen". Die Grünen blieben dabei: Es sei Zeit für zwei Entlassungen: "die des Herrn Mollath aus der Forensik und die der Frau Merk aus dem Justizministerium".

© SZ vom 03.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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