CSU:Stille Reserve

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In Horst Seehofer hat Markus Blume einen mächtigen Förderer. Der Ministerpräsident will ihn bei den Gesprächen mit der CDU dabeihaben. (Foto: Stephan Rumpf)

Markus Blume, den Chef der Grundsatzkommission, hält Seehofer für "den kreativsten Kopf" der CSU. Ganz recht ist dem 41-Jährigen die Aufmerksamkeit nicht.

Von Wolfgang Wittl, München

Es kommt nicht oft vor, dass Horst Seehofer und Erwin Huber einer Meinung sind. Bei Markus Blume machen sie eine Ausnahme. "Ein starker Analytiker" sei Blume, "großstadt- und grundsatztauglich, der kreativste Kopf, den wir haben", schwärmt CSU-Chef Seehofer. Und nahezu wortgleich lobt sein Vorgänger Huber: Ein moderner Großstadtpolitiker sei Blume, wie ihn die CSU kaum habe: "Gescheit, wortgewandt, er wäre ein echter Gewinn fürs Kabinett." Nur parteipolitisch müsse er noch stärker in Erscheinung treten, aber genau das wird nun geschehen.

Wenn an diesem Freitag wichtige CSU-Politiker in den Flieger steigen, um bei einer zweitägigen Klausur in Potsdam die Annäherung an die CDU einzuleiten, wird auch Blume mit an Bord sein. Es war Seehofers fester Wunsch, dass der 41-jährige Landtagsabgeordnete aus München an den Gesprächen teilnimmt. Nicht nur weil er der Chef der CSU-Grundsatzkommission und somit Vordenker der Partei ist, sondern weil Blume für Seehofer zu den wichtigsten Vertretern der nächsten Generation zählt, die in der CSU eines Tages Verantwortung übernehmen soll. Blume gehört also gefördert. Doch so einfach ist das nicht.

In der Partei heißt es, Blume werde in München bewusst kleingehalten

Blume hat bereits Erfahrungen darin gesammelt, was es bedeutet, für Ämter gehandelt zu werden und trotzdem nicht zum Zug zu kommen. Bei der Regierungsbildung 2013 galt er als aussichtsreicher Kandidat für einen Staatssekretärposten, manche hielten ihn sogar für ministrabel. Geklappt hat es auch deshalb nicht, weil mit Ludwig Spaenle und Georg Eisenreich bereits zwei Münchner gesetzt waren. Beide führen den Bezirksverband mit harter Hand, Blume werde bewusst klein gehalten, heißt es in der Partei. Als Seehofer einen Generalsekretär suchte, fiel erneut der Name Blume. Den Zuschlag bekam der Bundestagsabgeordnete Andreas Scheuer. Wohl auch deshalb ist Blume nun gar nicht erpicht darauf, dass er wieder in den Fokus rückt. Als Chef der Grundsatzkommission, die er 2014 übernommen hat, lässt sich das allerdings schwer vermeiden.

Beim Parteitag im November wird die CSU ein neues Grundsatzprogramm verabschieden. Blume kann sehr engagiert und ausgiebig referieren, worauf es ihm ankommt: Man müsse die Besorgnis der Menschen aufnehmen und Antworten geben, anstatt wie die AfD mit Ängsten zu spielen. Blume spricht gern über Ordnung, ein Begriff, der bei ihm von einer fairen Wirtschaft bis zur Generationengerechtigkeit weit gefasst ist. "Leitplanken" soll das neue Grundsatzprogramm setzen. Ein Mensch etwa, der sein Leben lang gearbeitet hat, müsse im Alter davon leben können. Details, wie so ein Rentenkonzept konkret auszusehen hat, seien dann jedoch in der politischen Tagesarbeit zu klären.

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Glosse von Wolfgang Wittl

Politiker erzählen gerne, welches Schlüsselerlebnis sie ausgerechnet diesen Weg nehmen ließ, nicht wenige stricken daraus sogar kunstvolle Legenden. Blumes Politisierung hat arg theoretisch im Sozialkundeunterricht begonnen. In der Münchner CSU machte er dafür rasch unerfreuliche Bekanntschaft mit der Praxis. Er geriet in den Skandal um gekaufte Mitgliederstimmen, es ging um Meineid, Zeitungen titelten entsprechend. "Da bist du weit unten", sagt er. Statt bereits 2003 in den Landtag einzuziehen, musste er sich bis 2008 gedulden. Mit Geschäftspartnern gründete der zweifache Familienvater eine Firma für Informationsdienstleistungen, sie wuchs auf 30 Mitarbeiter, 2013 stieg er aus. Als Abgeordneter übernahm Blume den Vorsitz der "Jungen Gruppe" der unter 40-Jährigen in der Fraktion. Wenn das Netzwerk vor allem als Karriereplattform betrachtet wird, stört ihn das: "Wir haben es geschafft, wichtige Themen auf die Tagesordnung zu bringen", zum Beispiel die Digitalisierung.

Die Opposition sieht in Blume den Typus eines modernen CSU-Politikers. SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher, der gegen ihn im Münchner Osten antritt, hält ihn für einen "kühlen Kopf ohne ideologische Scheuklappen", dem in der Grundsatzkommission aber die undankbare Aufgabe zufalle, die CSU "mit Themen der Fünfzigerjahre zukunftsfähig zu machen". Grünen-Fraktionssprecherin Margarete Bause sieht in ihm ein seltenes Beispiel, dass auch in der CSU schon jemand "im 21. Jahrhundert angekommen" sei. Die Gabe der Reflektiertheit sei in der CSU indes "eher karrierehindernd als karrierefördernd".

Kritiker wünschen sich von Blume mehr klare Kante, er verstecke sich zu sehr, sei als Typ zu glatt. Er definiere Politik über Inhalte, sagt Blume über sich selbst. Um seine Karriere brauchen sich aber wohl weder Seehofer noch Huber Sorgen zu machen. Auch Theo Waigel, Edmund Stoiber und Alois Glück leiteten einst die Grundsatzkommission.

© SZ vom 24.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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