Bildungspolitik:Die Wunschliste der Studenten

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Im Landtag kommen 100 Hochschüler zusammen, auf Einladung der Freien Wähler - es geht um Bafög und Wohnraum

Von Anna Günther, München

Achtdreiviertel Zeilen widmen Union und SPD im Papier über die Ergebnisse der Sondierungsgespräche den Hochschulen - von 1288 Zeilen insgesamt. Michael Piazolo, dem Vorsitzenden des Hochschulausschusses im bayerischen Landtag, ist das zu wenig. "Das ist traurig, vergesst die Studenten nicht", sagte Piazolo (Freie Wähler) am Sonntag im Maximilianeum. Deshalb wolle er in die Welt schicken, dass es sich lohne, auch über "diese Gruppe nachzudenken und etwas für sie zu tun". Die Welt war praktischerweise via Facebook-Livestream zugeschaltet, mit Margaretha Erber und Constantin Pittruff saßen zwei Vertreter der etwa 400 000 bayerischen Studenten gleich neben Piazolo. Ob die Botschaft den eigentlichen Empfänger, die bayerische Staatsregierung, über die sozialen Netzwerke auch erreichte? Der Landtag jedenfalls hat offiziell Winterpause.

Das nutzten 100 junge Frauen und Männer von mehr als 30 Hochschulen, um im Maximilianeum - im Saal, den in der Regel die CSU-Fraktion nutzt - über drängende Fragen zu diskutieren und neue Sprecher für die Landes-Asten-Konferenz (LAK) Bayern, den Dachverband aller Studentenvertretungen, zu wählen.

Am stärksten beschäftigen Studenten laut Erber und Pittruff neben hohen Mieten und dem Bafög-Satz die Lern- und Lehrbedingungen. Die Digitalisierung müsse endlich auch an den Hochschulen ankommen und auf akademischem Niveau vermittelt werden, sagte Pittruff, der in München Wirtschaftsingenieurwesen studiert. Er sieht beide Seiten in der Pflicht: Das Wissenschaftsministerium müsse den Universitäten und Hochschulen Budget und Fortbildungen zuweisen, aber Professoren und Dozenten sollten sich auch des Themas annehmen. Studenten aller Fakultäten müssten über Risiken und Chancen der Digitalisierung Bescheid wissen, Datenschutz und die Veränderung der Berufe kennenlernen. Auch Management und Verwaltungen müssten endlich digital werden, digitale Hochschulwahlen könnten zudem die Wahlbeteiligung steigern. "Jedes mittelständische Unternehmen hat eine Digitalisierungsstrategie, und die Hochschulen?", fragt Pittruff.

Die LAK würde sich inhaltlich einbringen, betonen Pittruff und Erber. Darf sie aber nur bedingt. Denn Bayern hat als einziges Bundesland seit 1973 keine landesweite verfasste Studierendenschaft mehr erlaubt. Die höchsten gesetzlich anerkannten Studentenvertretungen werden an den einzelnen Hochschulen gewählt. Sie können Vertreter in die Gremien ihrer Hochschulen entsenden. Die LAK ist ein freiwilliger Zusammenschluss dieser Vertretungen, der aber im Landes-Hochschulgesetz nicht offiziell anerkannt wird. Die bayerischen Studenten haben damit weniger Mitspracherechte als die in anderen Bundesländern. Geht es nach Piazolo, SPD und Grünen, muss sich das wieder ändern.

Die Staatsregierung habe die Studenten aus dem Blick verloren, findet Piazolo. Der Schwerpunkt der Hochschulpolitik lag in den vergangenen Jahren bei der Exzellenzinitiative, der Internationalisierung der Hochschulen und Dependancen sowie eigenen Standorten in ländlichen Regionen. "Aber es standen zu wenig Themen auf der Agenda, die Studenten direkt betreffen", sagte Piazolo. Er fordert mehr Beratung, um die Abbrecherquote zu senken, und eine Wohnoffensive samt Zimmerbörse, damit Studenten bezahlbare Räume finden. Ein WG-Zimmer in München kostet etwa 570 Euro, wer zu den zehn Prozent der Bafög-Bezieher gehört, hat dafür 250 Euro. Günstige Plätze in Wohnheimen sind rar, die Wartezeiten lang. Der Hochschulsozialpakt, der die Wohnungsnot lindern sollte, wirke nicht, sagt Piazolo. Stattdessen müsste das Bafög erhöht und regional angepasst werden. Studenten in München, Regensburg oder Nürnberg würden demnach mehr Geld bekommen als jene, die in Cham oder Hof studieren. Mehr Budget bräuchten auch die Studentenwerke, um mehr Wohnheime bauen oder bestehende sanieren zu können.

© SZ vom 15.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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