Aiwanger verweigert Koalitionsaussage:"Wir wären die bessere FDP"

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Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger will sich noch nicht festlegen, mit wem er nach der Landtagswahl eine Koalition bilden möchte. Das ärgert manche in der Basis. (Foto: dpa)

In der Kommunalpolitik sind die Freien Wähler eher im bürgerlich-konservativen Lager angesiedelt. Trotzdem will Landeschef Hubert Aiwanger die Koalitionsaussage bis zum Wahltag offen halten - doch in der Basis wächst der Ärger. Viele zieht es zur CSU.

Von Katja Auer, Heiner Effern und Andreas Roß

Hubert Aiwanger, der Chef der Freien Wähler, sieht sich gern in der Rolle des Königsmachers. Erst nach der Landtagswahl will er entscheiden, wem die Parteifreien - sollte es für die CSU allein nicht reichen - zur Regierungsmehrheit verhelfen wollen: der CSU von Horst Seehofer oder SPD und Grünen unter Führung von Christian Ude. Ob Aiwanger diesen Kurs durchhalten kann, ist fraglich. Denn in der Kommunalpolitik sind die Freien Wähler eher im bürgerlich-konservativen Lager angesiedelt. Noch hält die FW-Basis still und trägt Aiwangers Kurs des Abwartens offenbar mit, doch es mehren sich die kritischen Stimmen.

Der Landrat in Bad Tölz-Wolfratshausen, Josef Niedermaier, hält ein Regierungsbündnis der Freien Wähler mit der SPD und vor allem mit den Grünen für völlig unrealistisch. "Wenn man sieht, was die hier bei uns so machen. Da treffen Welten aufeinander, die nicht zusammenpassen." Das habe man Hubert Aiwanger aber schon öfters gesagt, erklärt Niedermaier. Am Münchner SPD-Oberbürgermeister Christian Ude würde es aber nicht scheitern, wenn es nach Niedermaier ginge. "Das ist ein brillanter Politiker. Trotzdem finde ich nicht immer gut, was er sagt. Aber das tue ich bei Seehofer auch nicht."

Neun Prozent in einer Umfrage vom "Staatsrundfunk, der uns sonst immer ignoriert", sind für Erwin Schneck erst mal Grund zur Freude. Der Vorsitzende der Freien Wähler in Landshut spricht sich dafür aus, sich bis zum Wahltag alle Optionen offen zu halten. So offen, wie die Stimmung bei den Freien in der Region sei: "Es gibt welche, die sagen, nie mit den Grünen. Und es gibt welche, die sagen, nie mit der CSU."

Tamara Bischof, die Landrätin von Kitzingen, hält es für richtig, vor der Wahl keine Koalitionsaussage zu treffen. Schließlich könnten die Freien Wähler mit allen demokratischen Parteien zusammenarbeiten, so wie es in der Kommunalpolitik auch der Fall sei. "Ich komme mit der CSU und mit der SPD sehr gut aus", sagt sie über ihre Arbeit in Kitzingen, nur mit den Grünen gebe es öfter Diskussionen. "Aber das ist halt so", sagt sie. Mit wem nach der Landtagswahl tatsächlich ein Bündnis zustande kommen könnte, hänge von der gemeinsamen Schnittmenge der Themen und vom Personal ab. Wer ihr persönlich als Ministerpräsident am liebsten wäre, darauf will sie sich allerdings nicht festlegen. "Da ich Herrn Ude noch nicht näher kenne, kann ich mir noch kein Urteil bilden", sagt sie.

"Die kommunalen Präferenzen nicht aufgeben", lautet auch der Rat von Thomas Schiebel, dem Landrat von Main-Spessart an die Kollegen im Landtag. In welcher Koalition sich das am besten verwirklichen lasse, müsse nach der Wahl entschieden werden. Auch er arbeite mit allen politischen Gruppierungen gut zusammen. In der Kommunalpolitik komme es allerdings mehr auf die Personen als auf die Parteizugehörigkeit an.

Thomas Thumann, der Oberbürgermeister von Neumarkt in der Oberpfalz, lobt Aiwanger ebenfalls dafür, sich nicht vor der Wahl festzulegen. Ob ein DreierBündnis mit SPD und Grünen funktionieren würde, ist er sich aber nicht sicher. Auch eine Koalition mit der CSU berge Risiken für die Freien Wähler, schließlich habe die CSU größtes Interesse daran, sich die Parteifreien mit ihrer Nähe zu konservativen Wählern einzuverleiben. "Es war der größte Fehler der CSU, dass sie 2008 nicht mit den Freien Wählern, sondern mit der FDP koaliert haben", sagt Thumann.

Der Landrat von Kulmbach, Hans Peter Söllner, will ebenfalls keine Vorliebe für ein bestimmtes Bündnis äußern. Aiwanger treffe mit seinem Vorgehen auf die Zustimmung vieler Mitglieder. Allerdings räumt Söllner auch ein, dass viele Mitglieder bei einem Dreier-Bündnis mit SPD und Grünen skeptisch wären. Die Freien Wähler seien stark in Wirtschaft, Handwerk und Landwirtschaft verankert, da gebe es nun einmal viele Schnittmengen mit der CSU. Der Landtagswahl sieht er optimistisch entgegen.

"Ich würde eher zur CSU tendieren", sagt Jürgen Raab, Vorstand und Stadtrat der Freien Wähler in Königsbrunn bei Augsburg. Allerdings nur mit der Maßgabe, dass dann mehr passiert als mit der FDP. Die Mitsprache und Einflussnahme der Freien müsste klar geregelt sein. Raab würde Aiwanger auch empfehlen, den Kurs noch vor der Wahl festzulegen. Alles andere komme beim Wähler nicht gut an.

Christian Ude und Hubert Aiwanger sind bereits auf Tuchfühlung gegangen - sie haben ausgelotet, wie gut sie persönlich miteinander zurecht kommen und ob sich ein politischer Konsens finden lässt. (Foto: dpa/picture-alliance)

Auch Leo Schrell, Landrat im schwäbischen Dillingen, weiß um die eher konservative Ausrichtung der Freien Wähler und ihre größere Nähe zur CSU. Trotzdem hält er es für richtig, bis nach der Wahl abzuwarten und dann zu schauen, mit wem die eigenen Ziele in einer Regierung besser verwirklicht werden können.

"Ich sehe in einer Zusammenarbeit mit der CSU ein viel größeres Potenzial als in einem Bündnis mit SPD und Grünen", betont dagegen Thomas Schröttle, der Vorsitzende der Freien in Donauwörth. Herr Ude sei zwar ein netter Mann, aber die sachlichen Inhalte passten nicht. Die Freien wären in einer Regierung mit der CSU mit Sicherheit die bessere FDP, glaubt Schröttle.

"Mir persönlich ist es völlig wurscht, was der Aiwanger da macht", sagt Otto Steiger, Bürgermeister in Blaichach im Oberallgäu und Mitglied der Kreistagsfraktion der Freien Wähler. "Ich habe mit der Landes- und der Bundespolitik nichts am Hut. Ich sehe mich als Freier Wähler nur auf der kommunalen Ebene. Wenn ich sehe, was da im Landtag auch bei uns alles läuft, da muss ich sagen, wir Freien Wähler unterscheiden uns nicht mehr von den arrivierten Parteien. Und das ist mir ein Graus", betont Steiger.

© SZ vom 12.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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