Verkehrssicherheit:Der holländische Griff bringt mehr als der Tote-Winkel-Warner

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Der Tote-Winkel-Assistent - hier im Außenspiegel eines Mercedes' - ist sinnvoll. Doch er ersetzt nicht den Schulterblick. (Foto: Daimler AG)

Moderne Assistenzsysteme sind wichtig. Doch noch mehr Sicherheit im Verkehr schaffen die kleinen Dinge, die jeder persönlich tun kann.

Kommentar von Marco Völklein

Zülfikar Celik ist ein findiger Mann. Der Taxifahrer aus Wesel hatte sich gefragt, wie man Radfahrer besser schützen kann - insbesondere dann, wenn Autofahrer, die am Straßenrand parken, beim Aussteigen unvermittelt die Tür öffnen. Und der Radler kaum eine Chance hat zu reagieren. Also fummelte Celik so lange an der Elektronik des Autos herum, bis er eine Lösung hatte: Nun springt der Blinker an, wenn der Fahrer am Türöffner zieht - und warnt so den Radler. Bisher aber ist Celik mit der Idee bei Herstellern nicht durchgedrungen. Die scheuen angeblich den Aufwand.

Es ist gut, dass Tüftler wie Celik die Technik weiterentwickeln. Zuletzt kam vieles auf den Markt, was das Autofahren sicherer macht. So warnen Fahrzeuge ihre Lenker etwa beim rückwärts Ausparken, wenn ihnen andere in die Quere zu kommen drohen. Ein Tote-Winkel-Assistent blinkt und piept, wenn man beim Spurwechsel auf der Autobahn Gefahr läuft, einen schnelleren Überholer zu übersehen. Das alles ist wichtig und muss weiterentwickelt werden, um die Zahl der Unfälle zu senken. Doch auf die Technik allein sollte man sich nicht verlassen.

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Auf die Technik allein sollte man sich nicht verlassen

Vielmehr müssen auch die Regeln immer wieder angepasst werden. Celiks Warnblinker für Radler ließe sich zum Beispiel ergänzen, wenn jeder Autofahrer beim Aussteigen den "holländischen Griff" anwenden würde. Noch nie gehört? Die Sache ist simpel: In den Niederlanden bekommen Fahrschüler beigebracht, die Tür nicht mit der Hand zu öffnen, die der Tür am nächsten ist, sondern mit der anderen Hand. Steigt also der Fahrer links aus, nimmt er nicht die linke Hand, sondern die rechte. Der Effekt: Er dreht sich nach links rum, der Blick geht automatisch nach hinten. Einen sich eventuell nähernden Radfahrer erkennt er so.

Der Automobilclub von Deutschland (AvD) wirbt für diesen Kniff aus dem Nachbarland - auch wenn aus keiner Statistik hervorgeht, wie viele solcher Türöffnungs-Unfälle genau geschehen. Die Zahl von etwas mehr als 81 000 Radunfällen mit Personenschaden in 2016 spreche aber "eine deutliche Sprache", so der AvD. Wieso also wird der holländische Griff nicht auch in Deutschland konsequent vermittelt?

Ähnlich lässt sich beim Tote-Winkel-Assistenten argumentieren. Die Technik ist sinnvoll und wichtig, sie gehört in jedes Auto. Zugleich aber ließen sich die Gefahren beim Spurwechsel mindern, wenn man ein generelles Tempolimit auf Autobahnen einführt. Maximal 120 oder 130 Kilometer pro Stunde - damit würden sich die großen Tempospreizungen, die hierzulande herrschen, verringern. Die sinnvolle Technik ließe sich so um eine sinnvolle Regelung ergänzen. Und das ganz simpel, ohne großen Aufwand.

© SZ vom 01.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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