Marken-Zukunft:Škoda steigt zur höheren Tochter im VW-Konzern auf

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Schwerpunkt SUV: Nach dem Kodiaq plant Škoda bereits weitere Crossover-Modelle. (Foto: Škoda)

Die Zeiten als Volkswagens Billigmarke sind endgültig vorbei. Eine zentrale Rolle bei Škodas Aufstieg spielen SUVs und Elektroautos.

Von Georg Kacher

Der Chef gibt den Ton an: "Škoda ist keine Billigmarke", sagt die neue Nummer eins in Mlada Boleslav, Bernhard Maier, nicht ohne drohenden Unterton. Der Mann muss es wissen - er leitete bis vor kurzem den weltweiten Porsche-Vertrieb. Und Maier legt nach: "Wir bauen solide Autos, keine qualitativ fragwürdigen Transportmittel zum Discount-Tarif. Und glauben sie mir: Wir sind erst am Anfang einer großen Reise . . . "

Die Studie Vision S - sie stand auf dem Genfer Salon in diesem März - zeigt, wo die Volkswagen-Tochter hin will. "Wir werden die von Wolfsburg avisierten neuen Freiheiten nutzen, um uns Zug um Zug neu erfinden", verspricht Maier. "Für den Kunden heißt das: noch mehr Wertigkeit und deutlich emotionalere Produkte. Marken müssen gepflegt werden, und genau das tun wir."

Škoda plant fünf neue SUVs

Nachholbedarf für Škoda besteht vor allem beim Crossover-Angebot - obwohl der Yeti ein knappes Jahr vor Produktionsende von Januar bis März 2016 noch einmal um 16,9 Prozent zulegen konnte. Insgesamt sind nicht weniger als fünf neue SUV in der Pipeline: Ende des Jahres wird der Kodiaq im Tiguan-Format vorgestellt. Der Verkauf beginnt Anfang 2017. Im selben Jahr debütiert dann auch der Yeti-Nachfolger, ein Schwestermodell des neuen Seat Ateca. Für 2018 avisieren Insider das sportlich-elegante Kodiak-Coupé, das man als Gegenstück zum kommenden Tiguan CC geplant hat, und im Jahr 2019 feiert ein kompakter SUV im Polo-Format Premiere, der Polar heißen könnte. Zwei Jahre später will Škoda dann mit einem relativ günstigen Elektro-Crossover aufhorchen lassen.

Der Vollständigkeit halber hier noch der Zeitplan für die restlichen Modellwechsel: 2019 kommt ein Rapid-Nachfolger, wieder als Limousine und Spaceback. Für 2019 ist der Citigo-Nachfolger als Drei- und Fünftürer geplant, auch diesmal wieder im Verbund mit VW Up! und Seat Mii. Der Octavia-Nachfolger kommt 2020 als Limousine, Kombi und Plug-in-Hybrid, und noch mal ein Jahr später folgt der nächste Fabia auf Polo-Basis. Statt des Combis wird als Ersatz für den Roomster ein Hochdach-Konzept geprüft.

An der Nabelschnur des VW-Konzerns

Škoda hat eine kreative Designabteilung und eine relativ günstige Kostenstruktur, aber bei der Entwicklung neuer Produkte hängt die Marke an der Nabelschnur des VW-Konzerns. Die Zauberformel heißt deshalb auch hier MQB - modularer Querbaukasten. Den gibt es mittlerweile in drei Größen von vier bis über fünf Meter Fahrzeuglänge. Sogar der kleine Citigo soll in der nächsten Generation an eine entfeinerte MQB-Matrix andocken. Auch der modulare Elektro-Baukasten (MEB) verwendet Elemente des mittelgroßen MQB-A im Format des Yeti. MQB schafft außerdem höchstmögliche Flexibilität zwischen den Werken und senkt die Kosten von Entwicklung und Einkauf.

"Wir gehen künftig noch stärker in die Breite", verspricht Bernhard Maier." Dabei liegt der Schwerpunkt ganz klar auf den SUV." Der neue Yeti muss konzernintern gegen den fast preisgleichen Seat Ateca und den künftigen Golf SUV antreten - ist da nicht das große Hauen und Stechen schon programmiert? "Im Gegenteil", sagt der Chef, "manche Überschneidungen sind durchaus gewollt. Wir differenzieren uns über Technik, Design und Ausstattungslinien wie Sportline, Active Line, Laurin & Klement, Monte-Carlo und RS."

Große Preisspanne

Auch im Detail geht Škoda eigene Wege. "Wir verarbeiten zum Beispiel Glas in der Tradition von böhmischem Kristall, verwenden nur recyclingfähige Stoffe, ersetzen Leder immer öfter durch Alcantara. Nachhaltigkeit darf nicht nur auf dem Papier stehen - sie muss erlebbar sein", fordert Bernhard Maier.

Während der Yeti II preisstabil positioniert werden dürfte, soll sich der Polar im Segment von 15 500 bis 21 000 Euro etablieren. Ein Kodiaq wird dagegen kaum unter 27 500 Euro zu bekommen sein, das Coupé bewegt sich sogar jenseits der 30 000 Euro-Marke.

Keine exakten Zieldaten gibt es bisher für das Elektro-SUV, das noch in den Kinderschuhen steckt. Als Genspender bieten sich hier zwei Derivate der geplanten E-Auto-Familie von VW an. Das kleinere Modell ist ein sportlich-extrovertierter Crossover in der 4,30 Meter-Klasse, die größere Option übernimmt das Maßkonzept des Kodiaq.

Ursprünglich war vorgesehen, den ersten Elektro- Škoda als 3,75 Meter kurzen City-Flitzer für weniger als 20 000 Euro anzubieten. Doch nachdem die fix und fertige Škoda-Variante des VW Caddy in letzter Minute gestoppt wurde, stehen Lieferwagen offenbar nicht mehr so hoch im Kurs - auch wenn die Kernmarke eines der ersten MEB-Mobile in Form des neu erfundenen Bulli ins Rennen schicken möchte.

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Unerwartete Schwierigkeiten

Mit dem Rapid tut sich nicht nur Škoda unerwartet schwer. Auch Seat hat mit dem baugleichen Toledo seine liebe Not, eine Nische zu besetzen, die in Europa viel kleiner ist als hochgerechnet. In Schwellenländern verkaufen sich die kompakten Stufenheck-Viertürer nach Plan, doch in der alten Welt konzentriert sich alles auf den Spaceback. Um den Absatz anzukurbeln, soll der nächste Rapid besser aussehen, besser verarbeitet sein und besser in die Palette passen. Dass sich Spaceback und Fabia Combi den Preispunkt und das Raumkonzept teilen, kann kaum im Sinne des Erfinders sein. Weil der Octavia den Weg nach oben versperrt, muss das Weder-Fisch-noch-Fleisch-Modell wohl neu erfunden werden. Keine Chance auf grünes Licht hat im Augenblick das vom alten Management favorisierte viertürige Coupé auf Basis Octavia, Superb oder Passat CC.

Auf die Frage nach den Kernwerten der Marke rattert Bernhard Maier aus dem Stegreif zwölf Schlagworte herunter - von A wie authentisch bis Z wie zeitgeistig. Die VW-Tochter soll ihr Profil schärfen, mit den Ressourcen schonend umgehen, seinen eigenen Weg gehen - "was aber nicht heißt, dass Konfrontationen zu vermeiden sind. Im Gegenteil: Wir wollen uns auch innerhalb der Gruppe noch mehr Eigenständigkeit erarbeiten." Neben vordergründigen Differenzierungsmöglichkeiten wie Räder, Farben, Bezüge und Ausstattungspakete gebe es, so Maier, im Produktbereich auch ganz fundamentale Unterscheidungsmerkmale: "Ich wäre zum Beispiel stolz, wenn wir mit Škoda dem Ideal des intuitiven und interaktiven Infotainments zeitnah ein Stück näher kämen. Überlastung durch Reizüberflutung wäre dann kein Thema mehr."

Škoda in die USA? "Kein Kommentar!"

Nicht kommentieren will Maier die Gerüchte, dass sich Škoda in absehbarer Zeit über den großen Teich wagen könnte. Sein Amtsvorgänger, der umtriebige Winfried Vahland, hatte das Abenteuer Amerika prüfen lassen - und dann zu den Akten gelegt. Auch die Idee, die Lücken im biederen Produkt-Portfolio von VW USA auf die Schnelle mit umetikettierten Škoda-Schönheiten zu füllen, fand keinen Anklang. Das China-Geschäft läuft zwar ordentlich, aber seit der dortige Amtsschimmel die Plug-in-Hybride im Visier hat, indem er die Ladedisziplin elektronisch überwacht, müssen sich auch die Tschechen auf das Elektrofahrzeug konzentrieren, dessen Anforderungsprofil vom Zentralkomitee in Peking laufend dem Entwicklungsstand der nationalen E-Industrie angepasst wird.

Škoda will zwar weiter wachsen, aber weil die klassische Modellfamilie vom Jahr 2020 an weitgehend komplett ist, wecken die zunächst acht kompakten Spielarten des E-Baukastens von VW neue Begehrlichkeiten. Nach dem Motto der Marke "simply clever" ist neben dem fixen E-Crossover ein elektrisch betriebenes raumfunktionales Konzept in der Diskussion, das für Bewegung im Großkundengeschäft sorgen soll. "Wir schauen uns alles an", sagt Bernhard Maier und grinst, "aber wir dürfen die Bodenhaftung nicht verlieren. Deshalb macht ein zweitüriges Coupé oder ein Cabrio für Škoda keinen Sinn."

© SZ vom 02.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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