Genfer Autosalon 2014:Messe der Benzinmotoren

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Die Vorbereitungen am Mazda-Stand auf dem Genfer Autosalon 2014. (Foto: Martial Trezzini/dpa)

Schnelle Cabrios, edle Karossen und sparsame Kompaktwagen: In Genf geht es vor allem um Fahrvergnügen, während die Elektroauto-Euphorie verflogen ist. Doch ein Vordenker erhöht nun den Druck auf die Industrie.

Von Thomas Fromm

Auf den ersten Blick wird alles so wie immer sein. Die großen Etablierten zeigen ihre neuesten Modelle, feiern neue Absatzrekorde in China und den USA, und auch die Totgesagten der vergangenen Jahre werden wieder da sein: die Peugeots, die Opels, Fiats, und Volvos. Und doch hat sich viel verändert seit dem letzten Mal am Genfer See.

Opel geht es wieder etwas besser, der Konzern hat in den vergangenen Jahren Werksschließungen beschlossen, Stellen gestrichen und will bald sogar wieder Gewinne machen - wenn Märkte und Kunden mitspielen. Fiat ist die längste Zeit italienisch gewesen, wird seinen Firmensitz in die Niederlande verlegen und die Aktien an der New Yorker Börse verkaufen. Volvo ist schon chinesisch und muss zusehen, wie man ohne viel Geld, aber mit viel fernöstlichem Einfluss wieder aus der Bedeutungslosigkeit kommt. Und bei Peugeot Citroën (PSA), dem wohl klammsten aller europäischen Traditionshersteller, übernehmen Chinesen ein großes Aktienpaket und pumpen so Milliarden nach Frankreich.

Genfer Autosalon 2014
:Zwergenaufstand

Der Genfer Autosalon glänzt mit Vans, Kombis und vielen schicken Kleinwagen. Ein paar Sportwagen und Luxuskarossen gibt es auch: Rinspeed zeigt ein Büro auf vier Rädern, das eigenständig fahren kann, und Volvo lässt den Schneewittchensarg wieder aufleben.

Von Thomas Harloff

Volvo in chinesischen Händen, Dongfeng bei Peugeot, Fiat in Holland - das sind historische Zäsuren, die zeigen: Europas alte Autoindustrie ist im Umbruch. Schritt für Schritt verschieben sich die Schwergewichte - schon in ein paar Jahren könnte die Szene ganz anders aussehen.

Die Lage ist wackelig

Doch es ist Frühling am Genfer See, und am liebsten würde man die Krise der vergangenen Jahre in diesem Jahr endgültig vergessen. Es läuft für viele Konzerne ja auch nicht schlecht; 2014 sollen erstmals seit 2007 wieder mehr Autos verkauft werden. Und doch ist die Lage wackelig: Südeuropa ist nach wie vor am Boden, die großen Gewinne kommen für Audi, Daimler, BMW und Co. aus Fernost; aus China, und aus den USA. Und wenn in Genf die großen Scheinwerferlichter neue PS-Maschinen ausleuchten - die superschnellen Edelkarossen, die ja immer noch der Glanz jeder Automobil-Schau sind, Autos wie das Audi S4 Cabriolet, der Lamborghini Huracan, der BMW M4 Coupé oder das Mercedes S-Klasse Coupé -, werden sich viele die Frage stellen: Ist es das? Ist das die Zukunft? Wo wollen wir eigentlich hin in den nächsten Jahren?

Genf wird also, Feiern und Glamour hin oder her, viele Fragen aufwerfen.

Immerhin: Vor ein paar Wochen, bei der Automesse in Detroit, dominierten noch die massiven Geländewagen und Groß-Limousinen. Was nicht groß verwunderte, denn Detroit ist traditionell die Show der Amerikaner von General Motors, Chrysler und Ford, und die USA sind noch immer die Heimat der großen Spritfresser.

Kleinwagen und Kompaktautos im Vordergrund

Genf ist nun der Beleg dafür, wie weit die automobilen Kulturen Europas und der USA auseinanderliegen: Am Genfer See nämlich stehen jetzt - neben den PS-Stars - vor allem Kleinwagen und Kompaktautos im Vordergrund. Autos also, die weniger Sprit verbrauchen als die großen US-Schlitten und die die Europäer daher mögen. Nur: Wer nach dem großen Elektroauto-Hype der vergangenen Jahre den großen Aufbruch der Stromer erwartet, wird enttäuscht sein: Genf 2014, das steht schon jetzt fest, wird eine Messe der Benzinmotoren und Traditionalisten sein.

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Es ist verräterisch: Heute hört man von Managern wieder öfter einen Satz, den man schon seit vielen Jahren hörte: Dass der alte Verbrennungsmotor "noch viel Potenzial" habe - der Spritverbrauch also immer noch weiter gesenkt werden kann. Von zehn Litern auf fünf, auf drei, auf einen Liter. Es ist ein Satz, der vielleicht an sich gar nicht so falsch ist. Nur dass diejenigen, die fest an ihn glauben, oft der Meinung sind, dass sie noch sehr viel Zeit haben, bis die Elektroauto-Epoche beginnt.

Das Problem ist nur: So viel Zeit haben sie nicht. Die CO₂-Auflagen aus der Politik werden strenger, gleichzeitig wächst der Druck, sich unabhängiger vom Öl zu machen. "Noch vor drei Jahren hat die Autoindustrie den Aufbruch in eine neue, emissionslose Welt gefeiert", schreibt Ferdinand Dudenhöffer vom Duisburger CAR Institut in diesen Tagen. "Die Feierlaune ist längs verflogen. Neue Projekte sind kaum zu erkennen, ein bisschen Plug-In Hybride, um den Willen zu zeigen, aber die großen Investitionen waren gestern."

Die Elektro-Euphorie ist verflogen

Stau in der Elektromobilität. Dabei zog noch bis vor kurzem die große Euphorie über die Automessen. Dabei hält die Bundesregierung weiterhin an ihrem Ziel fest, bis zum Jahre 2020 eine Million Elektroautos auf ihren Straßen zu haben. Ein schwer zu erreichendes Ziel. Die deutschen Hersteller, vor allem die von großen Oberklasse-Autos, verdienen auch so wieder eine Menge Geld, sagen Experten. Außerdem sei das Geschäft mit Elektroautos wackelig - und noch längst kein Massenmarkt in Sicht. Deshalb könne es dauern. "Der Durchbruch kann noch Jahre auf sich warten lassen", schreibt die französische Unternehmensberatung Altran in einer jetzt veröffentlichten Studie. Das Ziel 2020- davon sei man "derzeit meilenweit entfernt".

In Zeiten, in denen niemand weiß, wo es hingeht, kann es hilfreich sein, wenn zumindest einer interessante Richtungsentscheidungen fällt. Es dürfte auch die Tischgespräche in Genf bestimmen, was Tesla-Gründer Elon Musk in diesen Tagen verbreitete: Dass sein Autobauer in den nächsten Jahren eine Großfabrik für Autobatterien aus dem Boden stampfen will. Eine halbe Million Autobatterien im Jahr, in Eigenregie gebaut - für Tesla heißt das: Man kann Elektroautos in Zukunft billiger anbieten und damit zu einem Massenprodukt machen. Der Druck auf die anderen, die vor allem daran denken, wie man Benzinmotoren effizienter machen kann, steigt.

© SZ vom 04.03.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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