Längst verlangt auch der Deutsche Städtetag eine "blaue Plakette". Der Bund soll sie einführen, Dieselautos der schärfsten Normen müssten sie künftig tragen. Wo die Stadtluft schlecht ist, kämen nur noch Fahrzeuge mit der Plakette in die Umweltzone. Nur: Helfen wird es nichts. Denn in Deutschland fahren Millionen Dieselautos herum, die ihre Norm nur auf dem Papier erfüllen. Die Plakette dokumentiert so nicht mehr als den hilflosen Versuch, ein Problem zu beherrschen, das längst aus dem Ruder gelaufen ist.
Wie sehr, das belegen die Zahlen, die das Umweltbundesamt am Dienstag vorgelegt hat. Demnach spotten die meisten deutschen Dieselautos der Umweltvorgaben: Die Norm erfüllen sie nur bei Schönwetter und im Labor. Im Frühjahr, Herbst und Winter dagegen vermiesen ihre Stickoxide die Stadtluft. Asthmatiker dürfen sich bedanken.
Das lehrt viel über die "Ingenieurskunst" der Autoindustrie: Sie verstand es, Grenzwerte immer dann und nur dann einzuhalten, wenn deren Einhaltung gerade gemessen wurde. Es sagt aber auch einiges über die Grenzwerte, auf deren Einhaltung Verbraucher so sehr vertrauen müssen. Der strengste Grenzwert nutzt nichts, wenn seine Erfüllung begleitet wird von scheunentorgroßen Schlupflöchern. Sie zu gestalten, daran arbeiten in den Hauptstädten Europas Heerscharen von Lobbyisten. Die Autoindustrie hatte Erfolg. Bestimmt nicht als einzige.