Nun ist auch das Erbgut eines Bonobos entschlüsselt. Damit liegen Daten zu allen noch lebenden Menschenaffenarten - außer Zwergschimpansen sind das noch die Schimpansen, Gorillas, Orang-Utans und Menschen - vor.
Wie ein internationales Forscherteam unter Leitung von Svante Pääbo vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig berichtet, bieten die Ergebnisse eine Überraschung: Ein Vergleich mit der menschlichen DNA habe ergeben, "dass mehr als drei Prozent des menschlichen Genoms jeweils stärker mit dem Bonobo-Genom oder dem Schimpansen-Genom übereinstimmen als diese untereinander", berichten sie im Fachmagazin Nature.
Zwergschimpansen (Bonobo, Pan paniscus) und Gemeine Schimpansen ( Pan troglodytes) unterscheiden sich untereinander auch in wichtigen sozialen Verhaltensweisen - etwa dem Sexualverhalten und der Aggressivität. So kämpfen Schimpansen-Männchen beispielsweise aggressiv um die Rangfolge in der Horde und um die Weibchen und verteidigen ihre Gruppe und ihr Territorium gegenüber anderen Schimpansengruppen.
Bonobos sind dagegen deutlich friedfertiger: Bei ihnen spielt die Rangfolge keine so große Rolle, meist haben ohnehin die Weibchen das Sagen. Konflikte werden eher mit Sex als mit Aggressionen gelöst - nach dem Motto: Make love not war.
"Sowohl Schimpansen als auch Bonobos besitzen bestimmte Eigenschaften, in denen sie uns Menschen ähnlicher sind als sich untereinander", berichten die Forscher. Man könne daher nur schwer einschätzen, wie sich der gemeinsame Vorfahre von Mensch, Schimpanse und Bonobo einst verhalten habe.
Wie der Biologe Kay Prüfer vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie erklärte, liefere die Studie zwar mehr Informationen über die Affen als über den Menschen. "Aber irgendwann hoffen wir, indem wir die Unterschiede zwischen Zwergschimpansen und Schimpansen verstehen, dass wir auch erkennen, wie der gemeinsame Vorfahre (von Schimpansen und Menschen) aussah."
Dazu reicht die DNA-Sequenz eines einzelnen Bonobos jedoch nicht aus, erklärte Ajit Varki von der University of California, San Diego, Nature News. Es müsse das Erbgut weiterer Bonobos und Schimpansen ausgewertet werden. Schließlich könnten andere Zwergschimpansen auch in anderen Regionen des Genoms Übereinstimmungen mit der Menschen-DNA aufweisen.
Deutliche genetische Unterschiede zwischen Schimpanse und Bonobo fanden die Forscher unter anderem bei wichtigen Genbausteinen des Immunsystems. Dieser sogenannte Haupthistokompatibilitätskomplex (MHC) sei bei den Schimpansen stark verändert, berichten die Wissenschaftler. Das liege vermutlich daran, dass diese häufiger mit Krankheitserregern, darunter auch der Affenvariante des Aidserregers, in Kontakt kamen. Sie mussten sich stärker daran anpassen, solche Infektionen abzuwehren als die Bonobos.
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Die Entwicklung von Bonobos und Schimpansen aus einem gemeinsamen Ahnen begann vermutlich vor etwa zwei Millionen Jahren. Das Erbgut beider Affenarten zeige keine Hinweise, dass es nach dieser Trennung noch Kreuzungen zwischen beiden gegeben habe.
"Das passt zur Theorie, dass die Entstehung des Kongo-Flusses vor 2,5 bis 1,5 Millionen Jahren eine Barriere zwischen beiden bildete", schreiben Erstautor Kay Prüfer vom Leipziger Max-Planck-Institut und seine Kollegen.
Die Stammeslinie von Schimpanse und Mensch trennte sich bereits vor fünf bis sieben Millionen Jahren voneinander.
Schimpansen sind im mittleren Afrika weit verbreitet, Zwergschimpansen hingegen leben nur in einem relativ kleinen Gebiet südlich des Kongo-Flusses in der Demokratischen Republik Kongo. Wegen ihres begrenzten Lebensraumes wurden die Bonobos als letzte Affenart erst in den 1920er Jahren entdeckt. Durch jahrelange Kriege in der Region und Wilderei wurde ihr Bestand stark dezimiert.