Aus Südamerika wird von Fehlbildungen berichtet. Wie sind die zu erklären?
Es gibt einige Berichte, aber keine systematischen Untersuchungen, die belegen würden, dass Glyphosat die Ursache für die Fehlbildungen ist. In den Regionen wird meist ein Spektrum weiterer Pflanzenschutzmittel eingesetzt. Auf Feldern mit gentechnisch veränderten, resistenten Pflanzen wird Glyphosat zudem ganzjährig gespritzt, oft sogar mit Flugzeugen aus der Luft. Es gibt Dörfer, die inmitten solcher Felder liegen und einen Teil der Giftdusche abbekommen. Solche Anwendungen sind in Europa nicht erlaubt. Eine Rolle kann auch spielen, welche Rezepturen in den betroffenen Ländern genutzt werden. Glyphosat kommt immer zusammen mit Hilfsstoffen zum Einsatz, die den Effekt verstärken sollen. Sogenannte Tallowamine helfen dem Hauptwirkstoff zum Beispiel, in die Zellen einzudringen. Diese Stoffe sind in Deutschland nicht mehr zugelassen. Mit unterschiedlichen Rezepturen ließe sich auch erklären, warum aus Südamerika Fehlbildungen gemeldet werden, aus den USA, wo das Pestizid ebenfalls massenhaft eingesetzt wird, aber nicht.
Manche Experten gelten Kritikern als zu industriefreundlich. Wer ist seriös?
Die WHO betont, dass sowohl die Experten der IARC als auch des JMPR handverlesen und auf mögliche Interessenskonflikte hin überprüft wurden. Das JMPR schloss Fachleute aus der Bewertung aus, wenn sie mit den Herstellern der begutachteten Herbizide in Verbindung stehen. Einige Experten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit Efsa werden hingegen zu Recht wegen ihrer Nähe zur Industrie kritisiert.
Wie wirkt Glyphosat auf die Umwelt?
Weil das Herbizid alles Grün vernichtet, leiden auch Tiere, Insekten und Mikroorganismen. Ihre Lebensgrundlage wird durch das Mittel zerstört. Dass Glyphosat die Artenvielfalt auf dem Acker dezimiert, ist deshalb unumstritten. Die Schäden sollen durch einen verantwortungsvollen Einsatz so gering wie möglich gehalten werden.
Gibt es Alternativen?
Es gibt kein Mittel auf dem europäischen Markt, das über ein vergleichbares Wirkspektrum verfügt und für ähnliche Anwendungen zugelassen wäre wie Glyphosat. Andere Unkrautmittel wirken zum Beispiel nicht so breit, manche Wildpflanzenarten können ihnen von Natur aus widerstehen. Neben Spritzmitteln gibt es noch mechanische Werkzeuge zur Unkrautbekämpfung: etwa Pflug, Grubber oder Egge.
Was wäre passiert, wenn Glyphosat keine neue Zulassung erhalten hätte?
Wenn Glyphosat keine neue Zulassung für den europäischen Markt erhalten hätte, wäre die erhoffte Wende in der Landwirtschaft schwierig und es für Landwirte teuer geworden. Sie hätten zu den Praktiken zurückkehren müssen, die vor Glyphosat üblich waren: Mehr mechanische Unkrautbekämpfung, die sich einerseits gut auf die Artenvielfalt auf den Äckern auswirkt, andererseits aber auch die Erosion der nährstoffreichen Schichten fördert. Vor allem wären viele Bauern aber auf Gemische anderer Unkrautvernichter umgestiegen, deren Risiken und Gefahren für Mensch und Umwelt noch viel schwerer abzuschätzen sind als bei Glyphosat.