Schweinegrippe:Keine Entwarnung

Lesezeit: 2 min

Ist die Schweinegrippe jetzt vorbei? Das RKI warnt vor voreiligen Schlüssen. Derweil wird über die Verwendung überzähliger Impfdosen debattiert.

Bei der Schweinegrippe gibt es nach Einschätzung des Robert-Koch-Instituts (RKI) noch keine Entwarnung. "Wir haben den Scheitel möglicherweise erst erreicht", sagte RKI-Präsident Jörg Hacker am Montag in der ARD. "Die neue Grippe könnte durchaus auch im Frühjahr eine neue Welle bringen. Das muss man ins Kalkül ziehen."

H1N1
:Habe ich die Schweinegrippe?

Tamiflu oder nicht? Zu Hause bleiben oder arbeiten gehen? Mit den Schweinegrippe-Fällen nehmen auch die Strategien gegen die Krankheit zu. Ein Überblick über die aktuellen Empfehlungen.

Berit Uhlmann

In Deutschland zeichnet sich Hacker zufolge ein differenziertes Bild ab. In Süddeutschland gehe die Zahl der Infizierten zurück, im Nordosten Deutschlands dagegen steige sie. Hacker rief vor allem chronisch Kranke, Schwangere und medizinisches Personal auf, sich gegen die Schweinegrippe impfen lassen.

Wegen des geringen Interesses an der Schweinegrippe-Impfung bleiben die Bundesländer inzwischen auf dem Impfstoff sitzen. Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler sagte am Montag in Berlin, er bemühe sich international um Interessenten für 2,2 Millionen Dosen. Die Ukraine wolle Impfstoff kaufen. Ärzte, Pfleger, Kassen und Rösler appellierten erstmals gemeinsam an die Bundesbürger, sich impfen zu lassen. "Der Impfstoff wirkt über die aktuelle Pandemie hinaus ein Jahr oder länger", sagte Rösler.

Seit Ausbruch der Schweinegrippe gab es in Deutschland 190.000 Infizierte und 86 Todesfälle. Von diesen Todesfällen hätten ungefähr 85 Prozent Vorerkrankungen gehabt, sagte Jörg Hacker. Geimpft sind nach offiziellen Schätzungen inzwischen fünf Prozent der Bundesbürger und 15 Prozent des Ärzte- und Pflegepersonals. Nach Impfungen wurden rund 600 verschiedene Nebenwirkungen bekannt, die meist leichterer Art waren, aber keinerlei Todesfälle.

Nach dem zweiten Impfgipfel in seinem Ministerium sagte Rösler, für Impfung und Serum zahlten die Krankenkassen. Das Risiko für nichtverimpfte Dosen liege bei den Ländern. In einer Arbeitsgruppe im Kanzleramt habe es das Finanzministerium abgelehnt, dass der Bund das Risiko übernimmt. Die Länder hätten 50 Millionen Dosen für 25 Millionen Menschen geordert. Zunächst sei davon ausgegangen worden, dass zweimal geimpft werden müsse. Nötig sei aber nur eine Impfung.

"Völlig chaotisch"

Der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Wolfram Hartmann, kritisierte, dass es "im Vorfeld dieser Pandemieplanung erhebliche Pannen" gegeben hat. "Die Ärzteschaft hat sich schlecht informiert gefühlt, als der Impfstoff auf den Markt kam." Dann sei die Lieferung des Impfstoffs teilweise "völlig chaotisch" verlaufen. Außerdem komme er in Zehnerdosen, die innerhalb von 24 Stunden aufgebraucht werden müssten. Kinderärzte seien gar nicht in der Lage, genug Impfwillige zu finden.

Der Hauptgeschäftsführer der Bundesärztekammer, Christoph Fuchs, sagte, der Impfstoff sei sicher und wirksam. Deshalb sei es überraschend, wie hoch das Maß an Unsicherheit in Bevölkerung und Ärzteschaft sei. Auch wenn die erste Welle der Erkrankungen inzwischen den Höhepunkt überschritten habe, könne es eine zweite Welle und eine Veränderung des Virus geben. Vor beidem schütze eine Impfung.

Hunderte Leser haben uns ihre Erfahrungen mit der Schweinegrippe-Impfung geschildert. Hier können Sie sie lesen - und uns Ihre Ansicht mitteilen.

© Reuters/AFP/AP/beu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Impfung gegen die Schweinegrippe
:Pest oder Cholera?

Wie groß sind die Unterschiede zwischen den beiden Schweinegrippe-Impfstoffen? Und welches Risiko ist größer: zu erkranken oder Impf-Nebenwirkungen zu erleiden? Ein Überblick.

Berit Uhlmann

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: