Erderwärmung:Physik-Nobelpreis für deutschen Klimaforscher

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Syukuro Manabe, Klaus Hasselmann und Giorgio Parisi teilen sich den diesjährigen Physik-Nobelpreis. (Foto: Ill. Niklas Elmehed © Nobel Pri)

Der Nobelpreis für Physik geht in diesem Jahr an Syukuro Manabe, Klaus Hasselmann und Giorgio Parisi. Die Jury sendet mit der Auszeichnung auch eine Botschaft an die Politik.

Eine Hälfte des diesjährigen Physik-Nobelpreises geht an Syukuro Manabe, geboren 1931 in Japan, und den Hamburger Klaus Hasselmann, ebenfalls Jahrgang 1931, für die "physikalische Modellierung des Erdklimas und Vorhersage der Erderwärmung". Die zweite Hälfte geht an den Italiener Giorgio Parisi, geboren 1948, für "die Entdeckung des Zusammenspiels von Unordnung und Fluktuationen in physikalischen Systemen" - von Molekülen bis hin zu Planetensystemen. Dies teilte das Nobel-Komitee am Dienstag mit.

Manabe hat zuletzt an der Princeton University in den USA geforscht, Hasselmann am Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg und Parisi an der La-Sapienza-Universität in Rom. Der Preis ist mit zehn Millionen schwedischen Kronen dotiert, rund 980 000 Euro.

Klaus Hasselmann wurde 1931 in Hamburg geboren. Er forschte lange in den USA, bis 1999 war er wissenschaftlicher Direktor am Deutschen Klimarechenzentrum in Hamburg. (Foto: FABIAN BIMMER/REUTERS)

Ob der Tanz der Moleküle in einer Suppe oder in einem Impfstoff, die Wechselwirkungen in der Erdatmosphäre oder die Anziehungskräfte in den Weiten des Weltalls — all diesen Systemen ist gemein, dass sie so komplex sind, dass sie nicht einfach intuitiv zu erfassen sind. Alle drei Nobelpreisträger hätten dazu beigetragen, komplexe Systeme verschiedener Größenordnungen besser zu verstehen und ihr Verhalten vorherzusagen, hieß es in der Begründung der Jury. Dies führte unter anderem zu akkuraten Vorhersagen der Erderwärmung.

Manabe und Hasselmann trugen entscheidend zur Vorhersage der Erderwärmung bei

So konnte Syukuro Manabe zeigen, wie die zunehmenden Mengen des Treibhausgases Kohlendioxid in der Erdatmosphäre zu einem Temperaturanstieg der Erdoberfläche geführt haben. In den 1960er Jahren war er laut Nobel-Stiftung der Erste, der sich mit der Wechselwirkung von eingestrahltem Sonnenlicht und den Luftmassen der Erde beschäftigte. Dies habe die Grundlage für die Entwicklung heutiger Klimamodelle geschaffen.

Syukuru Manabe forscht an der US-Universität Princeton. (Foto: Johan Nilsson/TT via www.imago-images.de/imago images/TT)

Klaus Hasselmann entwickelte in den folgenden Jahren ein Computermodell, das erstmals die Wechselwirkung von Wetter und Klima betrachtete. Laut Nobel-Komitee wurde damit gezeigt, dass Klimamodelle eine Vorstellung von der Erwärmung der Erde liefern können, während sich das Wetter von Tag zu Tag ändert und chaotisch ist.

Hasselmann entwickelte zudem Methoden, um zwischen natürlichem Geschehen und menschlichen Einflüssen auf das Erdklima unterscheiden zu können. So konnte gezeigt werden, dass die Erderwärmung tatsächlich durch die menschlichen Treibhausgas-Emissionen ausgelöst wurde.

Giorgio Parisi ist an der La-Sapienza-Universität in Rom tätig. (Foto: -/dpa)

Zu Beginn der 1980er Jahre entdeckte Giorgio Parisi versteckte Muster in ungeordnet wirkenden physikalischen Systemen. Solche Effekte treten in den unterschiedlichsten Bereichen auf, in der Biologie, in den Neurowissenschaften, in der Mathematik. Sie spielen aber auch beim maschinellen Lernen eine Rolle.

"Wir müssen jetzt schnell reagieren und dürfen nicht noch länger zögern"

Das Komitee betont, dass es sich im Grunde um zwei unterschiedliche Preise handele, die jedoch durch das Überthema Komplexität und Ordnung zusammengehalten würden. Der erste Teil des Preises soll auch eine Mahnung an Politiker sein: Die den Klimamodellen zugrunde liegende Wissenschaft ist solide, an der Erderhitzung gibt es keinen Zweifel. Diese Botschaft unterstrich Parisi, der nach der Bekanntgabe per Telefon zur Pressekonferenz des Komitees zugeschaltet wurde. "Wir müssen jetzt schnell reagieren und dürfen nicht noch länger zögern", sagte er angesichts der steigenden Temperaturen. Er selbst habe den Nobelpreis zwar heute nicht erwartet, doch die Möglichkeit in Betracht gezogen. Er habe an diesem Morgen das Telefon immer in der Nähe behalten. Es könnte ja doch ein Anruf aus Stockholm kommen.

Im vergangenen Jahr hatte der deutsche Astrophysiker Reinhard Genzel den Physik-Nobelpreis zusammen mit einer Kollegin und einem Kollegen für die Erforschung Schwarzer Löcher bekommen. Seit der ersten Nobelpreis-Ehrung vor 120 Jahren wurden insgesamt 211 Physiker und vier Physikerinnen ausgezeichnet. 47 Mal wurde der Physik-Nobelpreis an nur eine Person vergeben, zuletzt im Jahr 1992.

Am Montag wurden bereits die Nobelpreisträger für Physiologie oder Medizin verkündet. Die US-Sinnesforscher David Julius und Ardem Patapoutian werden für ihre Arbeiten zum Tastsinn und Temperaturempfinden geehrt. Die Entwickler der Covid-Impfstoffe gingen hingegen leer aus.

Verliehen werden die Nobelmedaillen und Diplome am 10. Dezember, dem Todestag von Preisstifter Alfred Nobel. Am Mittwoch verkündet die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften die Preisträger in Chemie, am Donnerstag folgt die Bekanntgabe des Literaturnobelpreisträgers. Am Freitag ist dann in Oslo der Friedensnobelpreis dran, am kommenden Montag wiederum in Stockholm der Preis für Wirtschaftswissenschaften, der als einziger nicht auf Nobels Testament zurückgeht.

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