Nasa-Mission:Der bröselnde Asteroid

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Der Asteroid Bennu gleicht einem kosmischen Schotterhaufen. (Foto: dpa)
  • Die Nasa-Sonde Osiris-Rex zeigt, dass der Asteroid Bennu Steine verliert - fast wie eine Explosion in Zeitlupe.
  • Forscher rätseln über die Ursache. Ist es Eis unter der Oberfläche, das von der Sonne verdampft wird?
  • Die ungewöhnliche Aktivität wird die geplante Entnahme von Proben erschweren.

Von Patrick Illinger

Als sich das Sonnensystem vor etwa viereinhalb Milliarden Jahren formte, bildete es die Sonne, die Planeten und die Monde. Doch blieb noch etwas Baumaterial übrig, klumpige Reste der kosmischen Staubwolke, mit der alles begann. Einer dieser Klumpen heißt heute Bennu. Er ist ein nur 500 Meter großer Asteroid. Dennoch hat er in den vergangenen Wochen einige Berühmtheit erlangt: Er ist das Ziel einer ambitionierten Mission der Nasa. Die US-Weltraumbehörde hat es geschafft, eine Sonde namens Osiris-Rex zu Bennu zu schicken.

Seit dem vergangenen Dezember begleitet das Raumschiff den Asteroiden auf seinem Weg durch das All. Von Weitem sah Bennu noch aus wie viele andere Asteroiden: wie ein kalter, unwirtlicher Brocken aus Milliarden Jahre altem Gestein. Doch nun sorgt Bennu für erhebliche Verblüffung unter Astrophysikern: Er bröselt. Er wirft geradezu mit Steinen um sich. Fast scheint es, als würde man Bennu beim Explodieren zusehen - in Zeitlupe.

Hoch aufgelöste Fotografien der Nasa-Sonde zeigen Hunderte von Gesteinsbrocken, manche klein wie Kieselsteine, andere bis zu ein Meter groß, die wie kleine Monde um den Asteroiden herumzufliegen scheinen. Manche davon fallen zurück auf Bennus Oberfläche, andere haben so viel Energie, dass sie seinem Schwerefeld entkommen. Und manche wählen den Mittelweg und bleiben Bennu als kleine Monde erhalten. Die Nasa-Sonde hat mittlerweile Dutzende kleine Brocken dokumentiert, einige sogar von dem Moment an, in dem sie Bennos Oberfläche verlassen haben. "Es ist eine der größten Überraschungen meiner wissenschaftlichen Karriere", sagte Dante Lauretta, ein leitender Wissenschaftler der Osiris-Rex-Mission.

Tatsächlich sind die Forscher der Überzeugung, dass ein aktiver Asteroid wie Bennu eine extreme Seltenheit unter den etwa 800 000 bekannten Asteroiden des Sonnensystems ist. Dass sie ausgerechnet einen solchen Himmelskörper angeflogen haben, werten die Nasa-Experten als Glücksfall. Doch die große Frage, was Bennu zu seinen Ausbrüchen antreibt, ist noch ungeklärt. Einer Hypothese zufolge heizt die Sonne Eis knapp unter seiner Oberfläche auf, und der entstehende Dampf wuchtet Material ins All. Dafür spricht auch, dass Bennu auf seiner Bahn der Sonne zurzeit vergleichsweise nahe ist. Das allerdings wirft wiederum die Frage auf, warum der Asteroid nicht schon vor Millionen oder Milliarden Jahren komplett zerbröselt ist. Stieß er vor nicht langer Zeit mit einem anderen Himmelskörper zusammen, sodass zuvor verborgenes Eis nun an seine Oberfläche gelangt ist?

Noch ist geplant, dass die Sonde Osiris-Rex Gesteinsproben des Asteroiden zur Erde bringt. Doch aufgrund von Bennus Aktivität und seiner überraschend rauen Oberfläche gestaltet sich dieses Vorhaben schwieriger als gedacht. Bennu ist übrigens aus einem weiteren Grund für Erdenbürger interessant. Er kreuzt gelegentlich die Bahn unseres Planeten. Derzeit wird eine Kollision mit der Erde am Ende des 22. Jahrhunderts für möglich gehalten. Die Wahrscheinlichkeit hierfür wird auf 0,04 Prozent geschätzt.

© SZ vom 22.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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