Merkur-Sonde "Messenger":Ende einer Mission

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Große Mengen gefrorenes Wasser, sich von selbst schließende Krater: Die Raumsonde "Messenger" hat allerlei Verblüffendes über den Merkur zur Erde gefunkt. Nach vier Jahren ist jetzt der Treibstoff verbraucht.

Von Christopher Schrader

Die Reise des Boten ist zu Ende. Voraussichtlich am morgigen Donnerstag wird die Messenger genannte Raumsonde der Nasa auf dem Merkur abstürzen, jenem Planeten, den sie vier Jahre lang umkreist hat. Der Treibstoff ist alle und kein Trick der irdischen Ingenieure hilft mehr. Damit endet eine Mission, die Himmelsforschern viele überraschende Informationen über den am wenigsten untersuchten, innersten Planeten des Sonnensystems geliefert hat.

"Zum ersten Mal in der Geschichte haben wir wirkliches Wissen über Merkur", sagt John Grunsfeld, stellvertretender Nasa-Chef. Der leitende Wissenschaftler der Mission, Sean Solomon von der Carnegie Institution in Washington, hatte vor Jahren bemerkt: "Viele unserer früheren Ideen müssen wir mit den neuen Einsichten, die wir gewinnen, beiseite legen." Da kreiste Messenger gerade drei Monate um den Merkur.

Zu den Überraschungen gehörten zum Beispiel die großen Mengen gefrorenen Wassers, die sich in tiefen Löchern verbergen. Oder der Schwefel auf der Oberfläche. Oder die Einschlagkrater, die sich von selbst ausbeulen. Oder das schwache Magnetfeld. "Die Mission war sehr erfolgreich und natürlich ist es schade, dass sie jetzt endet", sagt Ulrich Christensen, Direktor am Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau. Sie sollte zunächst sogar nur ein Jahr dauern, wurde aber zweimal verlängert.

Die Merkur-Sonde "Messenger" musste vor der Sonne geschützt werden. Ein Schirm aus einer Spezialkeramik schützte die Bauteile vor der Hitze. (Foto: AP)

Messenger umkreiste vier Jahre lang den Merkur

Messenger war im August 2004 gestartet. Der Späher musste an der Erde und zweimal an der Venus vorbeifliegen, um Schwung zu holen, dann von Januar 2008 an drei Mal um Merkur herumkurven, um wieder abzubremsen. "Hätte man das nicht gemacht, hätte die Sonde viel mehr Treibstoff mitnehmen müssen", sagt Christensen.

So erreichte Messenger erst im März 2011 eine feste Umlaufbahn um sein Studienobjekt. Sie war allerdings stark elliptisch: Über der Nordhalbkugel kam die Sonde dem Planeten zunächst auf 200 Kilometer nahe, im Süden betrug der Abstand mehr als 15 000 Kilometer.

Wegen der Nähe zur Sonne mussten die Instrumente und Kameras des Raumfahrzeugs von einer Art Sonnenschirm beschützt werden. Dessen keramische Oberfläche erwärmte sich auf mehr als 300 Grad Celsius - im Schatten waren es nur noch 20 Grad.

Der Planet, um den die Sonde kreiste, hat viele Besonderheiten. Seine Oberfläche kann bis zu 430 Grad Celsius warm werden, wenn die Sonne auf ihn brennt - und minus 170 Grad kalt, wo Schatten ist. In Kratern am Nordpol, in die nie Licht dringt, hat Messenger enorme Mengen Eis gefunden, das allerdings weitgehend von dunklem Staub bedeckt ist.

Zudem besitzt der Planet einen sehr großen Eisenkern und eine vergleichsweise dünne Gesteinskruste. Weil seine Bahn um die Sonne ebenfalls elliptisch und nicht kreisrund ist, knetet die Schwerkraft der Sonne den Merkur in einer Art Gezeiteneffekt kräftig durch und verändert seine Oberfläche. Besonders ungewöhnlich nach irdischen Maßstäben ist, wie Umlaufbahn und Eigenrotation gekoppelt sind. Zwischen zwei Sonnenaufgängen umkreist der Planet zweimal die Sonne: Ein Merkurtag dauert also zwei Merkurjahre, oder knapp 176 Erdtage.

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Auf diese Eigenheiten des Planeten mussten auch jene Wissenschaftler Rücksicht nehmen, die Messinstrumente auf Messenger betrieben. Das Team um Jürgen Oberst vom Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Berlin konnte zum Beispiel seine Bilder erst zum richtigen Zeitpunkt machen. Die Wissenschaftler sind Experten darin, Fotos des gleichen Objekts aus verschiedenen Perspektiven zu einer dreidimensionalen Aufnahme zusammenzufügen. Nachdem die Kameras auf Messenger jeden Fleck der Oberfläche aus einem Winkel fotografiert hatten, mussten sie wegen der Lichtverhältnisse auf den Beginn eines neuen Merkurtages warten.

Überraschend viel Schwefel

Erst dann konnte die zweite Serie von Bilder aus dem anderen Winkel geschossen werden, erzählt Obersts Mitarbeiter Frank Preusker. Diese Bilder bestätigten dann eine Studie, die Preusker zuvor mit Bildern von einem der Vorbeiflüge an Merkur gemacht hatte. Sie zeigten das sogenannte Caloris-Becken, einen sehr großen Einschlagkrater. Dessen Boden hatte sich so weit aufgebläht, dass er in der Mitte die Ränder überragte. "Das liegt an der Tektonik des Merkur", sagt Preusker, "ohne Messenger hätten wir das wohl nicht gesehen."

Ulrich Christensen haben besonders die üppigen Funde von Schwefelverbindungen überrascht. Chemische Moleküle mit Schwefel verdampfen normalerweise schon bei relativ geringen Temperaturen, erklärt der Max-Planck-Forscher. "Das passt also nicht wirklich zu den bisherigen Vorstellungen, wie sich Merkur gebildet hat. Demnach war es anfangs zu heiß für Schwefel." Möglicherweise hat der Planet Bestandteile aufgenommen, die in kühleren Bezirken des Sonnensystems entstanden sind.

Wie ein Dynamo im Inneren des Planeten

Rätselhaft ist auch noch das schwache Magnetfeld des Merkur. Es beträgt nur ein 150-stel des Feldes der Erde, was nicht recht zur enormen Menge flüssigen Eisens im Merkur passt. Forscher rätseln darum, ob nur ein kleiner Teil des Eisens als eine Art Dynamo im Inneren des Planeten rotiert, oder ob das planetare Feld von einem gegenläufigen Feld der Sonnenwinde kompensiert wird.

Immerhin: Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, starten Europäer und Japaner im kommenden Jahr eine weitere Merkur-Mission. Bepi Colombo besteht aus zwei Raumschiffen, die das Magnetfeld des Planeten und des Sonnenwindes gleichzeitig untersuchen sollen, sobald sie im Jahr 2022 ankommen.

© SZ vom 29.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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