Mit ferngesteuerten Kameras haben australische Wissenschaftler in extremer Tiefe unterhalb des Osprey Reef, einem Teil des Great Barrier Reef, seltene und sogar bislang unbekannte Meerestiere entdeckt. Spektakuläre Aufnahmen zeigen prähistorische Fischarten und andere seltene Tiere in einer von Klimawandel und Ölpest bedrohten Lebenswelt. Das teilte der Leiter des Forscherteams, Justin Marshall von der Universität Queensland, mit. Demnach schwammen den Forschern einige uralte Fischarten und Haie vor die Kameralinse. "Da war ein Hai, den ich wirklich nicht erwartet hatte, es war eine Art Katzenhai mit einer ziemlich seltsamen Rückenflosse", sagte Marshall. Die Wissenschaftler lockten die Tiere etwa 350 Kilometer nordwestlich von Cairns mit einem Tunfischkopf an. Bild: Die rote Tiefseequalle Atolla - eines der lebenden Fossilien, das die Forscher unterhalb des Osprey Reef entdeckt haben.
"Das Osprey Reef ist eines von vielen Riffen in der Schutzzone des Korallenmeers, das von der australischen Regierung zu einem besonders schutzbedürftigen Gebiet erklärt wurde. Deshalb ist es von höchster Bedeutung, dass wir mehr über das Ökosystem und die Spezies herausfinden, die in diesem Gebiet leben", betont Marshall. Bild: Ein Tiefseebeilfisch.
Bislang sei schlicht nicht bekannt gewesen, welche Lebensformen in dem Gebiet existieren, erklärte der Meeresforscher. "Jetzt sind die Kameras in der Lage, das Verhalten und das Leben in der größten Biosphäre Australiens, der Tiefsee, aufzunehmen." Die besonders sensiblen Geräte wurden vom Harbour Branch Oceanographic Institute in Flordia entwickelt. Sie ermöglichen es, bis etwa 1400 Meter unter dem Meeresspiegel Aufnahmen zu machen. Bild: Ein Tiefsee-Anglerfisch.
Die Entdeckung könne in medizinischer Hinsicht interessant sein: "Wenn wir mehr über die primitiven Augen und Gehirne dieser Kreaturen lernen, könnte dies Neurowissenschaftlern helfen, das menschliche Sehvermögen besser zu verstehen", sagt Andy Dunstan aus dem Forschungsteam. Das meiste Wissen darüber, wie unsere Nervenzellen funktionieren und kommunizieren, sei erst durch die Arbeit an Nervenzellen von Riesentintenfischen vorangebracht worden, erklärt Marshall. Bild: Ein Tiefseekrebs.
"Wir kehren jetzt zu diesen ursprünglichen Modelsystemen zurück - zum einen aus dem Interesse an ihnen selbst, zum anderen um Funktionsstörungen des Gehirns besser verstehen zu können, die zum Beispiel zu Zuständen wie Epilepsie führen", sagt Marshall. Bild: Ein Tiefsee-Anglerfisch.
Als Nächstes sollen die Spezialkameras laut Marshall in den Golf von Mexiko geschickt werden, um die Folgen der Ölkatastrophe unter Wasser zu dokumentieren. Die Forschungen in dem Gebiet seien durch die Ölpest von Anfang April sowie durch die Erwärmung und Versauerung der Meere noch dringender geworden, sagte Marshall. "Wir wollen uns das Leben in der Tiefsee anschauen und entdecken, was es dort gibt, bevor wir es auslöschen." Bild: Die Tiefseequalle Peraphilla.
Experten warnen seit geraumer Zeit vor einer ernsten Bedrohung des 345.000 Quadratkilometer großen Great Barrier Reef, des größten Korallenriffs der Welt, das mit seiner bunten Unterwasserwelt Taucher aus aller Welt anlockt. Am 2. April 2010 rammte ein chinesischer Frachter das Riff. Dabei riss der Rumpf auf, und drei Tonnen Öl strömten in das als Weltnaturerbe gelistete Korallenriff. Im März liefen in der Nähe des Riffs 200.000 Liter Schweröl aus, als ein Schiff aus Hongkong bei einem Zyklon beschädigt wurde. Bild: Ein Tiefseeviperfisch.