Altmaier auf dem Klimagipfel in Doha:Ein Mann, zwei Worte

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Bundesumweltminister Altmaier hat sich hohe Ziele für die Klimakonferenz in Doha gesetzt. Doch kaum angekommen, sammelt er sie wieder ein. Das passt genau ins desaströse Bild, das Deutsche und Europäer bisher auf dem Gipfel abgeben.

Von Michael Bauchmüller

In seiner Rede vor dem Plenum der Klimakonferenz lobte Bundesumweltminister Peter Altmaier den "German energy turn-around" als "maximale Klimaaktion". (Foto: dapd)

Was alle schon seit Jahren wussten, irgendwann kurz nach seiner Ankunft in Doha muss es auch Peter Altmaier aufgegangen sein: Weltweit fehle es derzeit am messbaren Ehrgeiz im Klimaschutz. Und deshalb, sagt der deutsche Umweltminister an seinem ersten Morgen auf der Klimakonferenz, "ist die Frage, ob wir uns in der EU auf ein 30-Prozent-Ziel einigen, seit gestern Abend ein Stück weit in den Hintergrund getreten". Ein Minister rudert zurück, mit voller Kraft.

Das passt gut in das desaströse Bild, das Deutsche und Europäer bisher auf der Klimakonferenz im Golfstaat abgeben. Während sich seine Unterhändler vorige Woche schon in den Verhandlungen abstrampelten, gab Altmaier im fernen Deutschland leichthin eine neue Marschroute aus. Er werde die EU dazu antreiben, ihr Klimaziel noch in Katar anzuheben, kündigte er an: Nicht mehr ein Treibhausgas-Minus um 20 Prozent, sondern um 30 Prozent müssten die Europäer anstreben, forderte Altmaier - notfalls sogar gegen Zweifel in Polen. "Ich plädiere sehr entschlossen dafür." So klang der Minister, vorige Woche.

Heute sagt er: "Ich habe nichts zurückzunehmen." Außer vielleicht seinem Ziel - mangels Ehrgeizes anderswo in der Welt. Seine Staatssekretärin Katherina Reiche (CDU) geriet im Verlauf der Woche wegen undiplomatischer Äußerungen mit EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard aneinander, und das deutsche Glanzstück bei dieser Konferenz, nämlich 400 Millionen Euro zusätzlich für den Klimaschutz - das machte Reiche quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit bekannt. "Deutschland ist so schlecht aufgestellt wie nie", sagt Regine Günther, die für die Umweltstiftung WWF seit vielen Jahren Klimakonferenzen begleitet. "Welche Strategie der Minister verfolgt, um hier noch Impulse zu setzen, ist bisher nicht erkennbar."

Altmaier selber, der erst nach dem CDU-Parteitag zur Klimakonferenz anreiste, hüllt sich in Schweigen. "Wir stecken mitten in den Verhandlungen", sagt er. Und die seien eben sehr sensibel. Tatsächlich ringt die EU derzeit verzweifelt um eine gemeinsame Haltung. Nach wie vor ist umstritten, ob osteuropäische Länder wie Polen ihre Emissionsgutschriften behalten dürfen, die sie allein dem Zusammenbruch ihrer Industrien verdanken. Und auch ein höheres EU-Klimaziel ist noch drin - allerdings eher durch Berechnungstricks als durch neu entfachten Ehrgeiz.

So nimmt das Drama in Doha seinen Lauf. Der katarischen Präsidentschaft, die doch die Verhandlungen leiten und moderieren soll, entgleitet zunehmend die Kontrolle. In den USA sortiert sich die Regierung neu, Peking rätselt über die Ziele der neuen Regierenden. Und Aosis, die nicht unwichtige Gruppe der Inselstaaten, orientiert sich nun hin zu einer Staatengruppe um Saudi-Arabien, Indien und den Sudan. Dabei hatten sich die Inselstaaten noch bei der Klimakonferenz in Durban im vorigen Jahr mit den Europäern verbündet und dem Gipfel so eine Wende gegeben. "Davon ist mittlerweile keine Rede mehr", sagt ein Aosis-Verhandler.

Die EU als neugieriger Betrachter des Weltgeschehens: Für Altmaier wäre es ein Déjà-vu auf der internationalen Bühne. Auch bei der Weltkonferenz Rio +20 im Juni in Rio de Janeiro musste er am Ende ein Ergebnis verkaufen, das im Wesentlichen Brasilien, die USA, China und Indien ausgehandelt hatten. So könnte es abermals laufen, sollten die Europäer nicht doch noch eingreifen. Das aber können sie erst, wenn sie sich wieder mehr mit der Konferenz befassen als mit sich selbst. Viel Zeit bleibt nicht mehr: Offiziell endet die Konferenz diesen Freitag. Eine Verlängerung in den Samstag hinein gilt als wahrscheinlich.

Altmaier hetzt derweil von Termin zu Termin. Er trifft den glücklosen katarischen Präsidenten der Konferenz und den widerspenstigen Umweltminister Polens. Nebenbei will er noch für seinen "Club der Energiewende-Staaten" werben, der im Januar stehen soll, wenngleich erst einmal mit einer überschaubaren Zahl der Willigen. Er hält eine Rede vor dem Plenum und lobt darin den " German energy turn-around" als "maximale Klimaaktion".

Und dann trifft er noch Studenten, ganz kurz. Einer sagt zu ihm: "Ob ich glücklich aus Doha abreise, liegt in Ihrer Verantwortung." Altmaier zögert nicht lange, er sagt: "Ich behalte die Nachricht in meinem Herzen. Wir werden so lange verhandeln, bis wir etwas erreicht haben." Das ist doch mal ein Wort.

© SZ vom 07.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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