Ermittlungen:Klimaaktivist angefahren: Konsequenzen für Lasterfahrer?

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Ein Demonstrant ist bei einem Protest der Gruppe „Letzte Generation“ auf einer Straße festgeklebt. (Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Symbolbild)

Bei einer Straßenblockade von Klimaaktivisten gehen einem Lasterfahrer in Stralsund die Nerven durch. Videoaufnahmen zeigen brutale Szenen. Sie sorgen nicht nur in sozialen Medien für eine kontroverse Diskussion.

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Stralsund (dpa/mv) - Der 41-jährige Lasterfahrer, der bei einer Straßensitzblockade in Stralsund einen Klimaaktivisten angefahren hat, muss möglicherweise mit Konsequenzen rechnen. Sein Führerschein wurde nach einer Entscheidung des Amtsgerichtes bereits am Mittwoch vorläufig beschlagnahmt. Ob die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen wird, darüber steht eine Entscheidung noch aus.

Die Staatsanwaltschaft stellte einen entsprechenden Antrag beim Amtsgericht Stralsund. „Die Akten werden dem Ermittlungsrichter des Amtsgerichts morgen (Freitag) zur Entscheidung zugeleitet werden“, sagte ein Sprecher. Der Mann stehe im Verdacht, auf eine auf der Fahrbahn sitzende Person mit seinem Laster zugefahren zu sein und diese etwa einen Meter mitgeschleift zu haben. Gegen die Aktivisten wurden wegen des Verdachts der Nötigung Ermittlungen eingeleitet.

Der Fahrer arbeitet für eine Spedition, die für die Firma Air Liquide fährt. „Wir haben die Spedition direkt informiert, dass dieser Fahrer nicht mehr für uns fahren soll“, sagte der Unternehmenssprecher von Air Liquide, Andreas Voß, der Deutschen Presse-Agentur. Dies sei vertraglich möglich und die Spedition habe das auch zugesichert. Ein solches Verhalten sei nicht akzeptabel, unabhängig davon, wie man zur Diskussion über die Letzte Generation stehe.

Sechs Blockierer hatten den Verkehr am Mittwoch auf einer Verkehrshauptader in Stralsund behindert. Der Lkw-Fahrer habe drei Teilnehmer in seiner Fahrtrichtung zum Teil von der Straße gezerrt und ihnen Schläge angedroht, sagte ein Polizeisprecher. Dann habe sich der Mann hinter das Lenkrad gesetzt und sei kurz angefahren. Dabei wurde ein junger Demonstrant, der rechts vor der Stoßstange auf der Fahrbahn saß, etwa einen Meter nach vorn geschoben, hieß es. Ernsthaft verletzt wurde laut Polizei niemand.

Der Lkw hielt, der Blockierer stand auf, der Lkw-Fahrer fuhr weiter. Er habe sich abends der Polizei in Grimmen gestellt, die ihm die Papiere „vorläufig abnahm“. Über so eine Maßnahmen müsse ein Richter entscheiden, sagte der Sprecher.

In sozialen Medien sorgte der Fall für heftige Diskussionen. Der NDR entschied sich dazu, die Kommentarfunktion unter den Postings abzuschalten, weil die Zahl der Kommentare so groß und der Inhalt oft herabsetzend gewesen sei. Insgesamt habe es für das Verhalten des Fahrers viel Verständnis, für die Protestform der Letzten Generation wenig Zuspruch unter den NDR Postings bei Facebook und Instagram gegeben, hieß es vom NDR.

Die Polizei ermittelt gegen den Lkw-Fahrer wegen des Verdachts der versuchten Körperverletzung. Gegen die Klimaaktivisten wird wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz und des Verdachts der Nötigung im Straßenverkehr ermittelt.

Aktivisten der Letzten Generation hatten zuletzt immer wieder Straßen blockiert und sich dabei teilweise festgeklebt. Am Donnerstag legten sie die Flughäfen Hamburg und Düsseldorf zeitweise lahm. Sie fordern ein deutlich entschiedeneres Vorgehen der Politik für Klimaschutz.

Eine zentrale Forderung an die Bundesregierung ist die Einberufung eines zufällig gelosten Gesellschaftsrats. Das Gremium soll nach dem Willen der Gruppe Maßnahmen erarbeiten, wie Deutschland bis 2030 die klimaschädliche Nutzung von Öl, Gas und Kohle beenden kann.

© dpa-infocom, dpa:230712-99-379896/5

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