Japan:Die Zukunft ist zartrosa

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Die Kirschblüte wird heuer nach pandemiebedingter Pause wieder richtig gefeiert. Die neue Sorte Jindai Akebono, hier vor dem Nationaltheater im Tokioter Bezirk Chiyoda, kommt gut an. (Foto: Thomas Hahn)

In Tokio wird die Kirschblüte in diesem Jahr wieder groß gefeiert. Doch Japans bekannteste Bäume sind gefährdet.

Von Thomas Hahn, Tokio

Wenn der Tokioter Baumpfleger Hiroyuki Wada über die Zukunft der Kirschblüte in Japan nachdenkt, kommt ihm vor allem eine Sorte in den Sinn: Jindai Akebono. "Das ist eine neue Kirsche aus Tokio", sagt Wada. Sie habe das Zeug dazu, eines Tages die Generation der alten Somei-Yoshino-Bäume abzulösen, die den größten Anteil der Alleen von Kirschblüten, japanisch Sakura, im Inselstaat ausmachen. Jindai Akebono wächst kräftig, blüht früher, weist dabei die Modefarbe Zartrosa auf und ist nicht so anfällig für den Schimmelpilz Taphrina wiesneri. Kurz: Jindai Akebono ist ein moderner Baum, der den Herausforderungen des Zeitgeists und des Klimawandels gewachsen zu sein scheint.

Hanami, die Feier der Kirschblüte, ist nach drei pandemiebedingten Ruhejahren heuer wieder ein echtes Fest mit Massenpicknick und Gesang. Wer sich mit Tokios Kirschbäumen auskennt wie Hiroyuki Wada, 62, vom japanischen Blumenverband, ist dieser Tage trotzdem nicht sorgenfrei. In Japans Hauptstadt hat die Kirschblüte wieder sehr früh eingesetzt. Die Kirschen am Yasukuni-Schrein, die dem Wetteramt als Maßstab dienen, trugen schon am 14. März die ersten offenen Knospen - genau wie 2020 und 2021. Davor waren sie seit Beginn der Kirschblüten-Aufzeichnungen im Jahr 1953 immer später dran gewesen. Die Erderwärmung ist zu spüren. "Das ist für die Bäume nicht gut", sagt Wada.

Baumpfleger Hiroyuki Wada neben einem jungen Jindai-Akebono-Baum. (Foto: Thomas Hahn)

Bäume in Tokio haben es ohnehin nicht leicht. Die Hochhauswüste heizt sich im Sommer stark auf. Der Boden ist mit Asphalt versiegelt. Und viele Kirschen sind nicht mehr die jüngsten.

Seit der Edo-Zeit (1603 bis 1868) sind sie ein fester Teil japanischer Stadtkulissen. Der Shogun Tokugawa Yoshimune ließ im 18. Jahrhundert die ersten öffentlichen Kirschgärten anlegen, vor allem mit Wildsorten. Von 1868 an setzten die Regierungen der Meiji-Restauration den Hanami-Trend fort, allerdings mit der neuen Klon-Sorte Somei Yoshino. Diese blühte nicht nur sehr schön in einem fast weißen Rosa - die Pflanzenhändler konnten sie mit der Methode der Veredelung ohne Saatgut schnell vermehren. Nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs begann in den 1950ern ein neues Anpflanzungsprogramm mit Somei Yoshino, unter anderem für Olympia 1964. "In Tokio stehen heute zum Großteil die Bäume, die damals gepflanzt wurden", sagt Wada.

Aber wie lange noch? Somei Yoshino ist anfällig für Taphrina wiesneri und produziert als Klon kein wirksames Saatgut. "Wir prüfen gerade, ob ein Generationswechsel nötig ist", sagt Wada. Mit Dünger und aufgelockertem Erdreich versuchen die Baumdoktoren, sieche Somei-Yoshino-Kirschen wiederzubeleben. Erholt sich der Baum nicht, wird er samt Wurzel herausgenommen und ersetzt. Etwa durch den robusteren Jindai Akebono.

Ein Umbau der japanischen Kirschbaumlandschaft ist also im Gange. Wie dramatisch er ausfällt, hängt auch von lokalen Tourismus-Interessen ab. Der Kirschbaum ist schließlich eine Attraktion der Japan-PR. "Jede Kommune will Bäume, die zu ihr passen", sagt Wada. Aber entscheidend ist die Kraft der alten Bäume. Und der Klimawandel. Hiroyuki Wada ist kein Pessimist. Die Wetterrekorde seien erträglich für die Kirschen. Sofern es nicht noch wärmer wird. "Dann", sagt er, "wird es schwierig."

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