Geisa:Grenzmuseen haben 60. Jahrestag des Mauerbaus im Blick

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Blick auf das Grenzlandmuseum Eichsfeld in Teistungen. (Foto: Arne Immanuel Bänsch/dpa/Archivbild)

Der Bau der Mauer zwischen Ost- und Westberlin im Sommer 1961 prägt in diesem Jahr die Arbeit der Grenzmuseen in Thüringen. "Der Mauerbau war nicht nur ein auf...

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Teistungen/Geisa/Asbach-Sickenberg (dpa/th) - Der Bau der Mauer zwischen Ost- und Westberlin im Sommer 1961 prägt in diesem Jahr die Arbeit der Grenzmuseen in Thüringen. „Der Mauerbau war nicht nur ein auf Berlin beschränktes Ereignis“, sagte der Historiker Roman Smolorz, wissenschaftlicher Leiter der thüringisch-hessischen Gedenkstätte Point Alpha. „Damit verbunden war der Ausbau der Grenzanlagen an der gesamten innerdeutschen Grenze und die Militarisierung des Grenzregimes“, sagte die Leiterin des Grenzlandmuseums Eichsfeld in Teistungen, Mira Keune. Seminare, Zeitzeugengespräche und digitale Angebote in den Museen beschäftigen sich mit dem historischen Ereignis und dessen Auswirkungen.

Am 13. August 1961 hatte die DDR-Führung unter Walter Ulbricht mit dem Bau der Berliner Mauer begonnen. Fast 30 Jahre zog sich durch Deutschland eine 1400 Kilometer lange, scharf bewachte, mit Stacheldraht, Sperrgittern, Minen und Selbstschussanlagen ausgerüstete Grenze. Thüringen war auf mehr als 760 Kilometern von den Nachbarländern Hessen, Niedersachsen und Bayern getrennt. „Allein zwischen Hessen und Thüringen sind mehr als 50 Grenztote bekannt - auf der Flucht umgekommene Menschen und getötete Grenzsoldaten“, sagte Christian Stöber, Leiter des Museums Schifflersgrund in Asbach-Sickenberg.

Eine unmittelbare Folge der Abriegelung sei im Oktober 1961 die Zwangsaussiedlung von den DDR-Behörden als „politisch unzuverlässig“ eingestufter Menschen aus dem Grenzgebiet in das Hinterland der DDR gewesen, sagte Keune. Die Menschen verloren ihre Häuser und ihr Hab und Gut. „Im Eichsfeld ist die Erinnerung daran noch sehr präsent“, hat die Museumschefin beobachtet. Unmittelbar vor dem Beginn der Zwangsaussiedlung war mehr als 50 Einwohnern des Eichsfelddorfes Böseckendorf die Flucht nach Niedersachsen gelungen.

Ihre Angebote anlässlich des Jahrestages planen die Einrichtungen angesichts der Corona-Pandemie zweigleisig. „Für jede Veranstaltung wollen wir als Plan B eine digitale Alternative anbieten“, so Stöber. „Wobei man über das Internet eben auch nicht jeden erreicht.“ In dem Museum laufen derzeit zudem Vorbereitungen für den geplanten Neubau mehrerer Gebäude, der vom Bund und den Ländern Thüringen und Hessen mit insgesamt 2,4 Millionen Euro finanziert werden soll.

Mira Keunen hofft, ein gemeinsam mit dem Jungen Theater Göttingen bereits 2020 erarbeitetes Theater-Video-Stück nun in diesem Jahr präsentieren zu können. Die Gedenkstätte Point Alpha plant ab Mai Veranstaltungen und Bildungsurlaube. Darunter ist ein Seminar „Zwischen Kennedy und Kreml“ über die internationale Dimension des Mauerbaus. „Wir hoffen in Präsenz, in jedem Fall aber digital“, so Smolorz. Im deutsch-deutschen Museum Mödlareuth steht die Planung für dieses Jahr noch nicht. Mödlareuth ist als „Little Berlin“ in die Geschichte eingegangen, die Grenze verlief direkt durch das kleine Dorf.

Bereits im vergangenen Jahr waren die Museen wegen der Pandemie wochenlang geschlossen, derzeit sind sie es wieder. Für die Einrichtungen bedeutete das drastisch gesunkene Besucherzahlen und Einnahmen aus dem Ticketverkauf. So verzeichnete Point Alpha nur rund 50 000 nach mehr als 75 000 ein Jahr zuvor. „Das sind 100 000 Euro Verlust“, so Smolorz. In die Ausstellung im Grenzlandmuseum Eichsfeld kamen etwa ein Drittel weniger Besucher. „Es kamen vor allem weniger Schulklassen, weil die Schulen lange geschlossen waren“, sagte Keune.

An der einstigen deutsch-deutschen Grenze in Thüringen gibt es vier Grenzmuseen, die mit Relikten der Grenze wie ein lebendiges Geschichtsbuch wirken. Teile von Grenzzäunen, des Kolonnenwegs der DDR-Grenztruppen Wachtürme und Kontrollstreifen sind erhalten geblieben. In der Gedenkstätte Point Alpha - ein ehemaliger US-Beobachtungsstützpunkt zwischen Thüringen und Hessen - ist auch Militärtechnik aus der Zeit des Kalten Krieges zu sehen.

© dpa-infocom, dpa:210131-99-240545/2

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