Eisenach:Zeigen und ersetzen: Weitere „Nazi-Glocke“ ausgestellt

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Eine weitere sogenannte "Nazi-Glocke" hat einen Platz im Lutherhaus Eisenach bekommen. Es handelt sich um eine Bronzeglocke aus der Kirche Sankt Laurentius in...

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Eisenach (dpa/th) - Eine weitere sogenannte „Nazi-Glocke“ hat einen Platz im Lutherhaus Eisenach bekommen. Es handelt sich um eine Bronzeglocke aus der Kirche Sankt Laurentius in Maua bei Jena, die 1934 gegossen wurde und seit Mittwoch zu sehen ist. Die Glocke trägt der Stiftung Lutherhaus Eisenach zufolge die Aufschrift „Gegossen im zweiten Jahre der nationalen Erhebung unter dem Fuehrer und Kanzler Adolf Hitler“ und zeige als Glockenzier ein Hakenkreuz.

Sie ist Teil der Ausstellung „Erforschung und Beseitigung“ über das „Entjudungsinstitut“ der evangelischen Kirche in Eisenach im Nationalsozialismus und wird die bereits ausgestellte „Nazi-Glocke“ aus Tambach-Dietharz ergänzen. Die Glocke aus dem Jahr 1936 ist „dem Christus der Deutschen“ gewidmet. Der Umgang mit Kirchenglocken mit NS-Bezug in evangelischen Kirchengemeinden ist ein andauerndes Thema. Die Evangelische Kirche Mitteldeutschland (EKM) listet für Thüringen aktuell insgesamt sechs bekannte Glocken mit Inschriften oder Symbolen aus der Nazizeit. „Es wird keine Glocke mit Nazi-Symbolen in der EKM geläutet“, versicherte ein Sprecher. Alle Glocken seien entweder stillgelegt oder abgenommen und würden neu gegossen. Manche würden auch geflext, die Inschriften und Symbole also ausradiert. Flexen und Zerstören ist laut Sebastian Kranich von der evangelischen Akademie Thüringen keine gute Idee. „Schweigen ist nur gut, wenn damit das Schweigen solcher Glocken für immer gemeint ist“, schrieb er bereits im September vergangenes Jahr in der EKM-Kirchenzeitung Glaube+Heimat. Man müsse die Glocken am Ursprungsort ersetzen und etwa, wie in Eisenach, im Museum zeigen und aufklären, so Kranich.

Das Lutherhaus Eisenach informiert noch bis Ende Dezember in einer Ausstellung kritisch über die Entstehung und Tätigkeit des antisemitischen „Entjudungsinstituts“. Es beleuchtet dabei sowohl die Hintergründe des Instituts als auch die Folgen seines Wirkens und die andauernde historische Aufarbeitung nach 1945. Im Mai 1939 gründeten elf evangelische Landeskirchen in Eisenach das berüchtigte „Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben“.

© dpa-infocom, dpa:220323-99-639456/2

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