Durch einen kleinen Eingriff ins Erbgut haben chinesische Genetiker die Muskelmasse von Hunden enorm anschwellen lassen. Die Forscher schalteten bei den Tieren das Gen ab, das normalerweise das Muskelwachstum während der Entwicklung eines Säugetiers bremst. Das Ergebnis sind zwei Beagles mit geschwollenem Brustkasten, breiten Schultern und extrem kräftigen Beinen. Damit seien sie wahrscheinlich bessere Läufer und für die Jagd sowie Polizei- und Militäreinsätze besonders gut geeignet, erklärte Liangxue Lai vom Labor für regenerative Biologie der Institutes of Biomedicine and Health in der südchinesischen Stadt Guangzhou der Zeitschrift MIT Technology Review. Eine kommerzielle Zucht schwebe ihm allerdings nicht vor. Er und seine Kollegen wollen genetisch veränderte Hunde vor allem nutzen, um Krankheiten des Menschen zu erforschen.
Die Wissenschaftler benutzten ein erst vor wenigen Jahren entwickeltes Verfahren, um das sogenannte Mstn-Gen im Erbgut der Versuchstiere zu löschen. Die Methode wird als Crispr/Cas bezeichnet, sie gilt als vergleichsweise einfach und sehr präzise. Auch die Erbanlagen von Pflanzen und menschlichen Embryonen lassen sich damit bearbeiten.
Die Muskeln können so stark anschwellen, dass die Tiere sich kaum bewegen können
Das ausgeschaltete Gen enthielt den molekularen Bauplan für ein Protein namens Myostatin. Es kontrolliert die Entwicklung der Muskeln. Verliert das Protein durch eine Mutation seine Funktion, wachsen dem betroffenen Tier riesige Muskelberge. Bei der Rinderrasse Belgian Blue ist dies durch eine natürliche Mutation passiert. Die Tiere können sich in ihren gewaltigen Muskelpaketen kaum bewegen. Auch bei Mäusen, Schafen und Hunden der britischen Rennhundrasse Whippet sind solche Myostatin-Mutationen bekannt. Unter den erfolgreichen Turnierhunden sind viele Tiere mit einer veränderten Kopie des Mstn-Gens. Sie sind kräftiger als normale Hunde dieser Rasse. Liegen jedoch zwei funktionslose Gene vor, schwellen die Muskeln der Hunde so stark an, dass sie der Konkurrenz nicht mehr davonlaufen können.
In der aktuellen Ausgabe des Fachblatts Journal of Molecular Cell Biology beschreiben Lai und seine Kollegen, wie sie 65 Beagle-Embryonen mit dem Crispr/Cas-Verfahren behandelt haben. Davon kamen 27 als Welpen lebend zur Welt, aber nur zwei - das Weibchen Tiangou und das Männchen Hercules - trugen die gewollte Veränderung in beiden Kopien des Myostatin-Gens. Bei Hercules allerdings produzieren einige Zellen noch immer die Muskelwachstumsbremse, weshalb der Effekt bei ihm nicht so stark ausfiel wie bei Tiangou.
Das Experiment sollte zunächst nur zeigen, dass die Methode auch bei Hunden funktioniert. Tiangou, Hercules und ihre Geschwister werden in einer Forschungseinrichtung in Guangzhou gehalten, in der pro Jahr etwa 2000 Beagles für biomedizinische Forschungszwecke gezüchtet werden. Laut Lai seien die Tiere dem Menschen physiologisch sehr ähnlich, was sie zu guten Modellen für die Erforschung von Krankheiten mache.