SZ-Klimakolumne:Wo sind die Ansagen?

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Zu Klimaprotesten wie hier in Rom hat der Ethikrat offenkundig nur wenig zu sagen. (Foto: Mauro Scrobogna/dpa)

Mutlosigkeit und Allgemeinplätze: Der Ethikrat hat den Klimawandel entdeckt - und enttäuscht auf ganzer Linie.

Kommentar von Christoph von Eichhorn

Man müsste meinen, dass Ethikerinnen und Ethiker viel zur Klimakrise zu sagen hätten: Schließlich bedroht diese fundamentale Menschenrechte, auf Sicherheit, Gesundheit und Eigentum etwa. Es geht um historische und aktuelle Verantwortung und nicht zuletzt um Gerechtigkeit - international, aber auch zwischen den Generationen.

Diesen großen Fragen hat sich nun endlich auch der Deutsche Ethikrat gewidmet ( mehr dazu hier). Doch was soll ich sagen: Seine diese Woche veröffentlichte Stellungnahme zur "Klimagerechtigkeit" hat mich persönlich sehr enttäuscht. Konkrete Forderungen an die Politik oder an die Bürger muss man darin mit der Lupe suchen. Der Staat müsse dafür sorgen, dass er seine internationalen Klimaverpflichtungen einhält. Klimaschädliche Produkte oder Dienstleistungen dürfen gerne teurer werden. Die Reichen können höhere CO₂-Preise zahlen, um eine grüne Transformation zu finanzieren. Unternehmen sollen sich auch gerne einbringen, und die Medien bitte ausgewogen berichten.

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Das ist jetzt arg verkürzt, aber im Wesentlichen war es das. Was der oder die Einzelne beitragen kann und sollte, davon ist kaum die Rede. Der Staat sei vornehmlich in der Pflicht, "moralisches Heldentum" dürfte man nicht erwarten. Nur was, wenn Staaten ihren Verpflichtungen zum Senken der Emissionen eben nicht nachkommen, wie aktuell im Verkehr zu beobachten ist? Wäre dann ziviler Ungehorsam etwa von Klimaaktivisten legitim, womöglich sogar angezeigt? Dazu kein Wort, nur die Banalität, dass sich Protest eben an demokratische Spielregeln halten muss.

Alles in allem wirkt es, als wolle der Ethikrat mit seiner Stellungnahme bloß niemandem wehtun. Es liest sich ein wenig wie ein Abschlussdokument einer Klimakonferenz, in dem peinlich genau alle Interessen abgewogen werden müssen, vom Petrostaat bis zur Südseeinsel.

Dabei wäre doch gerade die Stärke des Ethikrats seine politische Unabhängigkeit. Dass er eben auf keine Befindlichkeiten Rücksicht nehmen, sondern einen unverstellten und sicher auch schmerzhaften Blick wagen könnte: Gehört das Privatflugzeug eines Friedrich Merz nicht längst verschrottet? Kann man noch guten Gewissens jedes Jahr eine Fernreise machen oder sollte man es lieber bleiben lassen? Wie bemisst sich die historische Verantwortung eines Industriestaats wie Deutschland genau? Im Interview mit der SZ hat der im Ethikrat mitwirkende Physiker Stephan Kruip gesagt, man habe eben "keinen ausgearbeiteten Antwortkatalog" schreiben wollen. Ein paar mehr konkrete Antworten auf die kantische Frage "Was soll ich tun?" hätten es aber in meinen Augen schon sein dürfen.

Pardon, das ist nun eine sehr meinungsstarke Kolumne geworden. Für einen nüchterneren Blick auf die Klimaethik empfehle ich Ihnen einen Text meiner Kollegin Marlene Weiß mit dem Titel "Darf ich das?". Hier wird es deutlich konkreter als beim Ethikrat, versprochen!

Und vielleicht sehen Sie das alles ja ganz anders. Schreiben Sie mir gerne an klimafreitag@sz.de.

(Dieser Text stammt aus dem wöchentlichen Newsletter Klimafreitag , den Sie hier kostenfrei bestellen können.)

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