Landwirtschaft: Das ist, wenn morgens der Hahn auf dem Heuhaufen kräht, der Bauer seine Kühe auf der grünen Weide begrüßt und sich Schweine, Rinder und Hühner abends Gutenacht sagen. Nicht so bei Daniel Hausmann. Wenn der 27-jährige Jungbauer seine erdbedeckten Arbeitsstiefel anzieht und aus dem Haus geht, begrüßt ihn nur Seppi, der alte Hofhund, mit zutraulichem Blick. Seppi ist als Einziger übrig geblieben, nachdem Hausmann seinen Hof umstrukturiert und die Tierhaltung abgeschafft hat. Für ihn als Veganer ein konsequenter Schritt.
Es ist ein radikaler Schritt. Hausmann ist ihn gegangen, weil Landwirtschaft hier und heute ohnehin fast nirgendwo mehr etwas mit jenem eingangs skizzierten Bauernhofidyll zu tun hat. Längst wurde es eingetauscht gegen Megaställe und Massentierhaltung. Die Hälfte aller deutschen Schweinemastbetriebe hält weit über 1000 Tiere. Masthähnchen werden zu Zehntausenden in große Hallen gestopft.
Laut einer Auswertung von 19 wissenschaftlichen Studien durch die Organisation Foodwatch stammte jedes vierte tierische Produkt von einem kranken Tier. Entzündete Kuheuter, Hühner mit Knochenbrüchen, Schweine mit Atemwegserkrankungen sind einkalkulierte Begleiterscheinungen dieser Industrie, so die Autoren der Untersuchung.
Weil Deutschland nicht nur für sich selbst, sondern immer mehr für den weltweiten Export produziert, sehen Landwirte sich gezwungen, sich auf eine einzige Tierart zu spezialisieren. Um mit den Weltmarktpreisen konkurrieren zu können, müssen Betriebe stetig wachsen. Zum Leidwesen der gehaltenen Tiere und der kleinbäuerlichen Strukturen. "In den letzten 15 Jahren mussten bis zu 80 Prozent der Bauernhöfe die Tierhaltung aufgeben, während gleichzeitig bundesweit bis zu 50 Prozent mehr Fleisch produziert wird", konstatiert Barbara Unmüßig von der Heinrich-Böll-Stiftung.
Die Kritik an diesem weder tier- noch menschenfreundlichen System führt dazu, dass immer mehr Menschen beim Einkauf auf Wurst, Eier und Käse verzichten und stattdessen auf pflanzliche Alternativen zurückgreifen. Waren es im Jahr 2007 noch etwa 1,6 Prozent der deutschen Bevölkerung, die sich fleischlos ernährten, geht man heute von etwa vier Prozent aus. Zu den Flexitariern, den Menschen also, die zwar nicht konsequent auf Fleisch verzichten, aber bewusst den Konsum tierischer Produkte verringern wollen, zählt sich laut einer Studie des Marktforschungsunternehmens GfK schon ein Drittel aller Haushalte. Die meisten Vegetarier und Veganer sehen darin aktiven Tierschutz. Andere versuchen, sich einfach gesünder zu ernähren. Den Wenigsten aber ist bewusst, dass der Anbau von Obst, Gemüse und Getreide ebenfalls eng mit der Tierwirtschaft verbunden ist.
Nährstoffe wie Stickstoff, Kalium und Phosphor müssen dem Boden, nachdem die Ernte eingefahren ist, wieder zugeführt werden. Dies geschieht in aller Regel durch Dung oder Mist. Aber auch Hornspäne, Blut-, Feder- und Knochenmehl, also Abfallprodukte der Tierindustrie, kommen mitunter zum Einsatz. Auch einige Bioverbände erlauben den Einsatz von Hornspänen oder Federmehl als organischen Zusatzdünger. Die Zertifizierung vegan oder vegetarisch, wie sie zum Beispiel der Vegetarierbund vergibt, bezieht sich ausschließlich auf das Lebensmittelrecht, nicht aber auf die Produktion.
Die Frage ist: Müssen wir Tierhaltung betreiben, weil ein mit tierischem Dünger aufbereiteter Boden für unser Gemüse und Obst Grundvoraussetzung ist? "Ja, das ist alternativlos", sagen Landwirtschaftsverbände und verweisen auf die Kreislaufwirtschaft als natürlichste Art des Landbaus. "Überhaupt nicht", meint Daniel Hausmann, der biovegane Landwirt. Er hat Ökolandwirtschaft studiert und betreibt einen Biohof im sächsischen Breitenborn.
Hausmann hat sich komplett dem Pflanzenbau verschrieben, wirtschaftet biologisch und gänzlich ohne Tiere oder tierische Nebenprodukte. Einige Veganer und Tierrechtsaktivisten sehen darin einen Lösungsansatz für das von ihnen kritisierte Ausbeutungsverhältnis von Mensch und Tier. "Wir brauchen eine Landwirtschaft, die darauf verzichtet, Tiere zu verwenden", fordert Konstantinos Tsilimeki von der Albert-Schweitzer-Stiftung, die sich für Tierschutz und Veganismus einsetzt. "Sie kann dazu beitragen, einige Agrar- und Ernährungsprobleme zu lösen, und wird gleichzeitig unserem ethischen Anspruch gerecht."