Insekten:Distelfalter ziehen aus Westafrika bis Deutschland

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Auf der Durchreise: Distelfalter auf einer Blüte. (Foto: Ralf Hirschberger/dpa)

Die längste bekannte Insektenmigration hat ihren Ursprung südlich der Sahara. Sind dort die Bedingungen gut, können die Tiere in Scharen bis Nordeuropa gelangen.

Manchmal schwärmen Millionen von Distelfaltern im Frühjahr nach Westeuropa und nach Deutschland. Ursache dieser spektakulären Masseneinflüge sind außergewöhnlich feuchte Wetterbedingungen im Afrika südlich der Sahara im vorangegangenen Winter, berichtet ein internationales Forscherteam im Wissenschaftsjournal PNAS. Dadurch wüchsen reichlich Pflanzen, auf denen die Larven der schwarz-weiß-rotorangen Schmetterlinge heranwachsen könnten. Getragen von geeigneten Winden würden die Falter dann die Sahara überqueren.

Die jährliche Wanderung der Distelfalter - eine Rundreise von etwa 12 000 bis 14 000 Kilometern zwischen dem tropischen Westafrika und Skandinavien - sei die längste regelmäßige Insektenwanderung, die derzeit bekannt ist, schreiben die Forscher. Im Frühjahr schlüpft eine Generation der Distelfalter (Vanessa cardui) in der Maghreb-Region, also in Marokko, Algerien und Tunesien. Sie fliegt in den Mittelmeer-Raum, wo sofort eine neue Generation produziert wird, die dann über die Alpen nach Deutschland und andere Länder Mittel- und Nordeuropas zieht. Die Schmetterlinge gelangen bis nach Großbritannien und Irland, einige gar bis Nordschweden und Finnland. Im Herbst machen sie sich auf den Weg zurück nach Nordwest- und Sub-Sahara-Afrika. Während der gesamten Reise wachsen sechs oder mehr Generationen von Distelfaltern heran.

In manchen Jahren kommt es zu einem Massenauftreten der Falter, bei denen Millionen von Tieren über den Himmel ziehen. Das Team um Jason Chapman von der University of Exeter wertete Monitoring-Daten zu Populationsgrößen der Falter aus dem Zeitraum von 1994 bis 2015 aus. Außerdem analysierten sie Umweltdaten aus den jeweiligen Lebensräumen entlang der Reiseroute der Schmetterlinge, darunter Angaben zu Temperatur, Niederschlägen, Vegetationsstärke und Windbedingungen.

Die Vegetation im Winterlebensraum bestimmt die Population

Die Analyse zeigte, dass das Massenauftreten im Untersuchungszeitraum von 22 Jahren nicht regelmäßig vorkam. Vielmehr wurde die Stärke der Frühjahrspopulation im Maghreb hauptsächlich beeinflusst durch die Vegetationsdichte im Winterlebensraum der Tiere südlich der Sahara. Waren die Niederschlagsmengen dort in einem Jahr ungewöhnlich hoch, erreichten überdurchschnittliche viele Tiere die Maghreb-Region, den Mittelmeerraum und Nordeuropa.

Tatsächlich waren den Jahren mit einem Massenauftreten der Schmetterlinge in Europa verhältnismäßig feuchte Winter in der Subsahara-Region vorangegangen. Pflanzen würden daraufhin rasch wachsen und nicht nur den Larven als Futter dienen, sondern vermutlich auch ausgewachsenen Tieren Nektar zur Stärkung bieten, schreiben die Forscher. Weitere Analysen zeigten, dass immer wieder Windbedingungen aufträten, dank derer die Schmetterlinge in etwa vier Tagen die Sahara überqueren könnten.

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