Deutschland:Jede Minute eine Krebsdiagnose

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Seit zwanzig Jahren nimmt die Zahl der Krebserkrankungen zu. Mediziner warnen vor einer Kostenlawine und einem Mangel an Spezialisten.

In Deutschland wird nach einer Schätzung des Robert Koch-Instituts (RKI) in diesem Jahr fast jede Minute eine neue Krebsdiagnose gestellt. Die Experten gehen davon aus, dass Ärzte im Jahr 2010 bei rund 450.000 Menschen bösartige Tumore entdecken. Am häufigsten trifft Männer dabei der Prostatakrebs, bei Frauen ist es Brustkrebs.

Die Hochrechnung beruht auf Zahlen aus dem Jahr 2006, in dem 426.800 Menschen an Krebs erkrankten. Bei der erwarteten Zunahme der Fälle spiele die demografische Entwicklung die entscheidende Rolle, teilte das RKI vor dem Deutschen Krebskongress mit. Im Alter wächst das Risiko, an einem Tumor zu erkranken.

Nach den neuen Daten ist die Zahl der jährlichen Krebsneuerkrankungen seit 1990 um fast 30 Prozent in die Höhe geschnellt - bei den Männern um 45 Prozent, bei den Frauen um 14 Prozent. Hauptgrund ist die Alterskurve. Bei den Männern ist dies besonders spürbar, denn in den vergangenen Jahrzehnten gab es durch die vielen Kriegstoten deutlich weniger alte Männer. Nun aber kommt die "Babyboomer"-Generation langsam in das Krebs-Risikoalter ab 60.

Dem Gesundheitswesen droht damit eine Kostenexplosion. Allein zwischen 2002 und 2006 stiegen die Behandlungskosten bei Krebs nach Angaben des Bundes um 28 Prozent auf 14,6 Milliarden Euro im Jahr.

Grund dafür sind auch verbesserte Behandlungsmethoden, die oft als Ergänzung zu einer Chemotherapie eingesetzt werden. Sie können das Leben verlängern, sind aber auch teurer.

Um die Kostenlawine abzubremsen, plädiert Krebskongresspräsident Wolff Schmiegel für mehr maßgeschneiderte Therapien. Vor einer Behandlung solle eine genaue Analyse zeigen, auf welche Therapien der Kranke ansprechen würde. Er mahnte aber an, dass es in der Krebsforschung zu wenige Studien gebe, die unabhängig von der Pharmaindustrie finanziert würden. Auch an Krebsspezialisten werde es in Deutschland durch Ärztemangel bald fehlen.

Bei den Männern kommen Prostatakrebs, Darmkrebs und Lungenkrebs weiterhin am häufigsten vor. Bei den Frauen steht Brustkrebs vor Darm- und Lungenkrebs. Bei einigen Krebsarten entwickeln sich die Überlebensraten postitiv - vor allem durch frühere Erkennung der Krankheit. So sind die Todesraten bei Prostatakrebs spürbar gesunken. 90 Prozent der Patienten leben nach der Diagnose 5 Jahre und länger. Das gilt auch für schwarzen Hautkrebs und Hodenkrebs.

Auch beim Darmkrebs nehmen die Sterberaten leicht ab. Die 5-Jahre-Überlebensrate liegt inzwischen bei 60 Prozent. Weniger Hoffnung gibt es bei Lungenkrebs. Nur ein Fünftel der Betroffenen überlebt hier länger als 5 Jahre. Zu den gefährlichsten Tumoren zählt nach wie vor Bauchspeicheldrüsenkrebs. Nur 10 Prozent der Patienten leben nach einer Diagnose länger als 5 Jahre.

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