Coronavirus:Zwei Jahre Pandemie: eine Bilanz in Zahlen

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Zwei Jahre nach dem ersten bestätigten Corona-Fall befindet Deutschland sich mitten in der fünften Welle. (Foto: Rolf Poss/imago images/Bearbeitung: SZ)

Am 27. Januar 2020 wurde der erste Corona-Fall in Deutschland nachgewiesen. Was hat das Virus seitdem angerichtet? Ein Überblick in Karten und Grafiken.

Von Markus Hametner, Sören Müller-Hansen und David Wünschel

Der deutsche Patient 1 muss schon etwas geahnt haben, sonst wäre er am Morgen des 27. Januar 2020 wohl kaum ins Münchner Tropeninstitut gefahren. Der 33-Jährige aus dem Landkreis Landsberg am Lech arbeitet damals für den oberbayerischen Automobilzulieferer Webasto. Einige Tage zuvor hatte er mit einer aus Shanghai kommenden Kollegin an einer Besprechung teilgenommen, die beiden tranken Kaffee. Nach ihrem Rückflug wird die Kollegin in China positiv auf das Coronavirus getestet. Am Morgen des 27. Januar lässt sich auch der Mann testen. Abends steht fest: Die Probe ist positiv. Das Coronavirus ist in Deutschland angekommen.

Seitdem hat es sich durch die Republik gefressen: Mehr als 100 000 Menschen sind gestorben, das öffentliche Leben lag monatelang lahm. Die folgenden Grafiken zeigen, welchen Tribut Covid-19 in den vergangenen zwei Jahren von Deutschland gefordert hat. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) haben sich bislang etwa neun Millionen Menschen infiziert. Die Inzidenzkurve ist zu einem Symbol der Pandemie geworden. Viermal ist sie gestiegen und wieder gesunken, ihr folgten Anzahl und Schwere der Corona-Maßnahmen. Momentan türmt sie sich zum fünften Mal auf; so hoch wie nie zuvor.

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In den Wochen nach dem ersten Ausbruch bei Webasto verbreitete sich das Virus noch langsam, spätestens ab März 2020 dann aber immer schneller. Manche Regionen waren seitdem stärker von der Pandemie betroffen als andere. Die nördlichen Bundesländer meldeten vergleichsweise wenige Corona-Fälle, die südlichen und östlichen Bundesländer deutlich mehr.

Im Landkreis Landsberg am Lech, dem Wohnort vom deutschen Patient 1, kommt mittlerweile etwa eine Corona-Infektion auf zehn Einwohner. In manchen Gegenden in Sachsen und in Thüringen hat sogar schon jede fünfte Person eine Infektion hinter sich.

Auch der Anteil der Corona-Toten ist in den neuen Bundesländern am höchsten. Im Landkreis Hildburghausen in Thüringen sind in den vergangenen zwei Jahren etwa 370 mit Covid-19 infizierte Menschen gestorben - das entspricht 0,59 Prozent der Bevölkerung.

Der Tribut der Pandemie bemisst sich jedoch nicht nur in Infektions- und Sterbezahlen. Auch das Sozialleben hat gelitten. Seit dem ersten Lockdown im März 2020 haben viele Menschen ihre Kontakte reduziert. Ein Team aus deutschen Forscherinnen und Forschern hat mithilfe von anonymisierten GPS-Daten geschätzt, wie viele Personen ein durchschnittlicher Deutscher in den vergangenen zwei Jahren pro Tag getroffen hat.

Insgesamt sind in Deutschland mehr als 117 000 Menschen mit einer Covid-19-Infektion gestorben. Jeden Tag werden es etwa 150 mehr. Aber die Kurve der neuen Todesfälle sinkt zurzeit, obwohl die Inzidenz gleichzeitig steigt. Dies liegt zum einen daran, dass sich immer mehr Menschen impfen lassen und deshalb nur einen leichten Krankheitsverlauf haben. Auch die seit einigen Wochen dominante Omikron-Variante führt bisherigen Erkenntnissen nach zu weniger schweren Verläufen als die Delta-Variante. Zum anderen treten Todesfälle naturgemäß nicht sofort nach einer Infektion auf - die Kurve der Todesfälle hinkt der Infektionskurve hinterher.

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Bei Corona-Toten unterscheiden Ärztinnen und Ärzte zwischen Menschen, die an Covid-19 als Grundleiden sterben und jenen, bei denen Covid-19 nur eine Begleiterkrankung darstellt. 2020 vermeldete das RKI beispielsweise 39 760 Todesfälle durch Covid-19-Infektionen und 8100 Todesfälle mit Covid-19-Infektionen. Nicht alle Corona-Toten sterben also auch an Corona.

Ein Blick auf die Todesfallzahlen zeigt jedoch: 2020 und 2021 starben in Deutschland viel mehr Menschen als in den Vorjahren. Dies hängt auch mit der Überalterung der Gesellschaft zusammen. Aber vielen Wissenschaftlerinnen und Statistikern zufolge ist die Pandemie der Hauptgrund für die Übersterblichkeit. Der Tribut, den sie von Deutschland gefordert hat: Er ist auch in diesen beiden roten Linien erkennbar, die teilweise viel höher liegen, als sie eigentlich sollten.

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Zwei Jahre nach Ausbruch der Pandemie steckt Deutschland mitten in der fünften Welle. Es infizieren sich zurzeit so viele Menschen, dass die Labore an die Grenzen ihrer Testkapazitäten gelangen. In den kommenden Monaten werden sich höchstwahrscheinlich Millionen weitere Menschen infizieren und Tausende sterben. Das Coronavirus hat die Gesellschaft immer noch fest im Griff.

Doch ein Ende der Pandemie ist möglicherweise absehbar. Viele Expertinnen und Experten glauben, dass Deutschland im Laufe des Jahres 2022 in die endemische Phase eintritt. Durch die Infektionen und Impfungen steigt in der Bevölkerung die Immunität gegen das Virus. Ausbrüche könnten irgendwann lokal begrenzt sein, Krankheitsverläufe werden voraussichtlich milder. Womöglich gebe es im kommenden Winter noch einmal erhöhte Inzidenzen, sagte der Virologe Christian Drosten vor einigen Tagen in einem Interview mit dem Tagesspiegel. Dann müsste man in Innenräumen wieder Maske tragen. Aber ob wir irgendwann wieder so leben werden wie vor der Pandemie? "Ja, absolut", so Drosten, "da bin ich mir komplett sicher."

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