Archäologie:Archäologen legen Teile von wohlhabender Römerstadt frei

Lesezeit: 2 min

Ein Archäologin legt im Xantener Ortsteil Birten Dachziegel eines eingestürzten römischen Gebäudes auf dem Gebiet des Legionslagers Vetera Castra frei. (Foto: Oliver Berg/dpa)

Mitten in der Provinz sind Archäologen auf die Fundamente einer großen römischen Stadt mit luxuriösem Badehaus gestoßen. Es zeigt, wie wichtig der Limes für die Römer war - und wie schnell moderne Technik sich im Römischen Reich verbreitete.

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Xanten (dpa/lnw) - Archäologen haben am Niederrhein Hinweise gefunden, dass eine alte Römerstadt bei Xanten noch deutlich größer und wohlhabender war, als bislang gedacht. Erstaunt waren die Fachleute auch darüber, wie schnell moderne Technik aus der Hauptstadt Rom ihren Weg in die weit entfernte Provinz gefunden hat.

Auf dem Fürstenberg südlich von Xanten wurden bei Grabungen Fundamente von zwei etwa 60 mal 20 Meter großen Gebäuden freigelegt. Man gehe mit großer Sicherheit davon aus, „dass es sich einst um eines der größten Badegebäude im ersten Jahrhundert nach Christus am Rhein handelte“, teilte das Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland am Donnerstag mit.

Zuletzt waren auf dem Gelände bereits Reste römischer Glasfenster gefunden worden, wie sie während der Herrschaft von Kaiser Nero ab 54 nach Christus in den luxuriösen Badeanlagen in Rom in Mode kamen. „Da Lager und Zivilsiedlung auf dem Fürstenberg bereits 70 n. Chr. zerstört wurden, zeigt sich, wie schnell die neueste Technik in der Hauptstadt auch an Roms nördlicher Rheingrenze umgesetzt wurde“, schrieben die Archäologen.

Bislang war klar, dass es auf dem Fürstenberg bei Xanten mit dem Legionslager Vetera castra eines der größten Militärlager des Römischen Reichs gab. Bis zu 10 000 Soldaten waren dort stationiert. Seit 2021 gehört das Legionslager als Teil des Niedergermanischen Limes zum Unesco-Welterbe.

Die neuen Grabungserfolge zeigten nun, dass es neben dem Militärlager eine „eindrucksvolle Vorstadt“ gegeben habe. Die Experten halten es sogar für wahrscheinlich, dass sie auf die Fundamente einer großen Stadt gestoßen sind, die der römische Geschichtsschreiber Tacitus beschrieben hat. „Die planmäßige Anlage mit Straßensystem und die weitläufigen Gebäude machen dies wahrscheinlich“, sagte der Limes-Koordinator des Amts für Bodendenkmalpflege, Steve Bödecker.

Tacitus zufolge haben die Römer die große Stadt um 70 n. Chr. absichtlich selbst zerstört, als germanische Stämme sie beim Bataveraufstand einzunehmen drohten.

Die alte Stadt und das Legionslager liegen heute weitgehend verdeckt unter Feldern. Um die alten Strukturen nicht zu zerstören, sei das Gebiet vor allem mit modernen Messverfahren und ohne Grabungen erforscht worden. Mithilfe von Magnetfeldern und der Messung des elektrischen Widerstands im Erdboden könne man unter anderem Fundamente von Mauern sehr gut darstellen, ohne überhaupt graben zu müssen, erklärte Landesarchäologe Erich Claßen. Einzelne Grabungen, wie sie nun vorgenommen wurden, dienten dann vor allem dazu, die Erkenntnisse aus den Messungen zu überprüfen.

An diesem Samstag haben Besucher einmalig die Möglichkeit, die Ausgrabungen bei Führungen selbst zu sehen. Anschließend werden die freigelegten Grundmauern wieder mit Erde verfüllt. Der Landwirt, auf dessen Feldern die alte Römerstadt stand, kann über den historischen Mauern mit der Aussaat beginnen. Unter der Erde seien die Bodenschätze am besten geschützt, sagen die Archäologen.

© dpa-infocom, dpa:230420-99-384691/3

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: