Das Fossil Ida ist das beste Beispiel: Zunächst als neu entdeckter Vorfahre des Menschen gefeiert, gelten die Knochen heute als die eines urzeitlichen Lemuren, der mit der Entwicklung des Menschen nicht viel zu tun hatte.

Zweifelsfrei ist Ida für die Wissenschaft ein wichtiger Fund. Doch dass deswegen der Stammbaum des Menschen neu gezeichnet werden müsste, wie zunächst verkündet, hat sich nicht bewahrheitet.
Oft lassen Meldungen über neue Fossilienfunde die Frage aufkommen: Stellen die aktuellen Funde alles bisher Bekannte und Publizierte auf den Kopf? Muss die Geschichte neu geschrieben werden?
Geowissenschaftler der Universität Bristol untersuchten mittels Stammbaum-Analysen, ob solche Zweifel berechtigt sind. Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass die Primaten-Fossilienfunde der vergangenen 90 Jahre das grundlegende Verständnis der menschlichen Abstammung und Evolution nicht erschüttert haben ( Proceedings of the Royal Society B, online). Dies sei auch für künftige Funde nicht zu erwarten, schreiben die Autoren um James Tarver.
"Es ist schön, diese Aussage einmal so deutlich analysiert zu sehen", sagt der Paläogenetiker Johannes Krause von der Universität Tübingen. "In der Anthropologie ist es üblich, die Formulierungen ,missing link' und ,die Geschichte muss neu geschrieben werden' zu gebrauchen, um einen Fund als Sensation zu verkaufen."
Naturgemäß verändere jede neue Erkenntnis den menschlichen Stammbaum - "aber die Wurzel werden wir nicht verändern müssen", sagt Krause, der selbst an vielen Funden der vergangene Jahre beteiligt war.
Tarver und sein Team untersuchten auch den Umgang mit Dinosaurier-Knochen. Hier sei die Lage anders, so die Forscher. Noch provozierten viele Funde die Vorstellungen von der Dinosaurier-Evolution. Doch weil sich die Datenlage stetig verbessere, sei zu erwarten, dass künftig häufiger bekannte Theorien bestätigt werden.