Auf der jährlich stattfindenden Entwickler-Konferenz WWDC hat Apple gezeigt, dass der Konzern sämtliche seiner Plattformen von Grund auf erneuert. Während sich die Konkurrenten, zum Beispiel Google und Facebook, in den ersten Präsentationen auf ihren Konferenzen stark auf Fortschritte im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) fokussierten, hat Apple entschieden, sich vor allem auf Nutzer zu konzentrieren. Die wichtigsten Neuerungen im Überblick:
iOS 10:
Wie jedes Jahr haben auf der Konferenz neue Ideen rund um das mobile Betriebssystem iOS die meiste Zeit in Anspruch genommen. Die vier wichtigsten Updates.
1.) Mit der "Raise to wake"-Funktion leuchtet der iPhone-Bildschirm automatisch auf, wenn das Gerät geneigt wird. Die Funktion gibt es seit der Apple Watch. Wie angenehm diese Funktion sein wird, hängt davon ab, wie schnell das Telefon reagiert.
2.) Das iPhone nutzt seine 3-D-Touch-Funktion ausgiebiger. Das Display reagiert darauf, wie stark die Oberfläche gedrückt wird (faktisch ist es der Rechtsklick für Mobilgeräte). Apps können damit nun effektiver vom Sperrbildschirm aus angesteuert werden - um auf Nachrichten zu antworten, sich einen Livestream anzuschauen oder zu verfolgen, wie weit entfernt das per App bestellte Uber-Auto ist.
3.) Siri öffnet sich für Entwickler. Es ist ein Schritt, den die Konkurrenz bereits gegangen ist, nun zieht Apple nach. Für Nutzer heißt das: Wenn sich Entwickler darum kümmern, kann Siri bald zum Beispiel Nachrichten direkt per WhatsApp (oder WeChat oder Slack) verfassen, ein Auto per App bestellen oder gezielt nach Fotos suchen. Und: Siri gibt es nun auch für iPhones und iPads (siehe unten).
4.) Die Messenger-App wird komplett neu ausgerichtet und spielerischer. Dieser Teil der Vorstellung hat mit am meisten Platz eingenommen. Das erklärt sich vermutlich dadurch, dass es sich bei den Nachrichten um die meistgenutzte App auf iOS-Geräten handelt.
Die Nachrichten zeigen nun die Bildvorschau eines Links, und geben Videos oder Lieder direkt in der App wieder. Nachrichten können in unterschiedlichen Größen verschickt werden (das Text-Äquivalent zu laut, leise, genuschelt). Nutzer können ihre Botschaften individualisieren und auch den Bildschirm-Hintergrund verändern.
Emojis werden deutlich größer dargestellt, und auf Wunsch können einzelne Worte durch Emojis ersetzt werden. Es ist eine der Änderungen, für die Apple auf künstliche Intelligenz zurückgreift.
Technik und Optik:Warum Apples Design-Fetisch schlecht für die Nutzer ist
Früher waren die Geräte schick, schlicht und einfach zu bedienen. Jetzt sind sie nur noch schick und schlicht. Apples Produkte, für die der scheidende Chefdesigner Jony Ive verantwortlich ist, haben auch Kritiker.
Im Gegensatz zu Google und Facebook, deren Nachrichten-Apps ebenfalls auf KI setzen, werden die Nachrichten von Apple auch weiterhin Ende-zu-Ende verschlüsselt. Das heißt, die Botschaft ist so stark verschlüsselt, dass niemand außer Sender und Empfänger sie lesen kann. Bei Google und Facebook muss sich der Nutzer entscheiden: Entweder die Nachrichten werden abgesichert, oder aber die künstliche Intelligenz unterstützt den Nutzer.
Die Nachrichten-App wird ebenfalls für Entwickler geöffnet. Alle großen Konzerne versuchen die Kommunikation, die zwischen Nutzern stattfindet, als eigene Plattform zu etablieren. Die Überlegung ist, dass Nutzer oft genug nicht die App verlassen wollen, wenn sie von dort aus mit ihren Kollegen und Freunden chatten. Also wird dieser Ort Stück für Stück umgebaut. Aus diesem Grund setzt Facebook auf Chat-Bots. Mit der Öffnung für Entwickler zieht Apple jetzt nach.
Das Betriebssystem für PCs und Laptops erhält nach 15 Jahren einen neuen Namen. Ab sofort heißt es macOS, die neueste Version Sierra. Die vier wichtigsten Neuerungen:
1.) In Zukunft wird die Sprachassistentin Siri auf Laptops und iMacs ebenfalls zur Verfügung stehen. Damit lassen sich, wie auf iPhone oder iPad, neue Termine im Kalender erstellen, nach dem Wetter suchen und Nachrichten schreiben. Siri wird darüber hinaus auch den Rechner nach Dokumenten durchsuchen können.
2.) Wer eine Apple Watch besitzt, kann damit seinen Rechner entschlüsseln. Das Passwort muss dann nicht mehr eingegeben werden. Apples Software-Chef Craig Federighi zufolge passiert das über ein sogenanntes time-of-flight networking. Es ist nur möglich, wenn die Uhr in Reichweite ist. Ob diese Funktion auch für iPhones erhältlich ist, blieb unklar.
3.) Neue Ablage-Funktionen sollen das Arbeiten erleichtern. Wer auf seinem Smartphone einen Link bekommt und diesen nicht manuell in den Rechner eintippen will, kann ihn auf dem Smartphone kopieren und auf dem Macbook per Tastendruck (Cmd+V) einfügen.
4.) Apple wird den Clouddienst iCloud verstärkt als Datei-Manager einsetzen. Das bedeutet vor allem, dass nichtgenutzte Dateien von der Festplatte routinemäßig in die Cloud verschoben werden. Das wurde mit folgenden Beispiel erläutert: Eine Festplatte hat die Größe von 250 Gigabyte, 20 davon sind frei. Nachdem die neue Funktion aktiviert wird, sind es mit einem Schlag 150 GB. Für Nutzer, die den Datenschutz-Versprechungen von Apple glauben, dürfte diese Funktion sehr hilfreich sein.
Eine öffentliche Beta-Version von macOS zum Testen wird im Juli veröffentlicht. Zum Download bereit steht Sierra aller Wahrscheinlichkeit nach im Herbst.
watchOS:
Apple Watch ist das jüngste Produkt von Apple. Deshalb betreffen die Entwicklungen grundlegende Dinge.
1.) Die smarte Uhr von Apple wird dank eines Features, das sich Instant Launch nennt, in der dritten Version bedeutend schneller werden. Es dauert derzeit noch einige Momente, bis Apps für Nutzer bereitstehen. Diese Wartezeit galt vielen Nutzern als Hindernis. Sie soll in Zukunft wegfallen, da die Apps im Arbeitsspeicher gehalten werden - und dadurch siebenmal schneller geladen werden können.
2.) Die Bedienoberfläche wird erneuert. Der Knopf an der Seite (unter der Krone) ist nicht mehr nur dazu da, um Kontakte aufzurufen. Von dort aus sollen Nutzer nun über ein sogenanntes "Dock" kürzlich geöffnete Apps laden oder favorisierte Apps ablegen können. Es wird auch möglich sein, Textnachrichten Buchstabe für Buchstabe zu zeichnen.
3.) Zuletzt: Apple legt traditionell großen Wert darauf, die smarte Uhr als Gerät zu vermarkten, mit dem Menschen auf ihre körperliche Gesundheit achten können. Zu diesem Zweck wird eine neue App eingeführt, die sich "Breathe" nennt. Die Nutzer der Uhr sollen daran erinnert werden, während stressiger Zeiten durchzuatmen.
Wie sich die Neuerungen auf die Akku-Laufzeit auswirken werden, erklärte Apple nicht.