Technik und Optik:Warum Apples Design-Fetisch schlecht für die Nutzer ist

Früher waren die Geräte schick, schlicht und einfach zu bedienen. Jetzt sind sie nur noch schick und schlicht. Apples Produkte, für die der scheidende Chefdesigner Jony Ive verantwortlich ist, haben auch Kritiker.

Von Mirjam Hauck

1 / 7
(Foto: dpa)

Wer Apple kauft, kauft nicht einfach nur einen Rechner oder ein Handy. Er kauft auch das Gefühl, zur Design-Avantgarde zu gehören. Mit dem Slogan "Think different" traten Steve Jobs und Apples Chef-Designer Jonathan Ive 1997 an, die herkömmlichen PCs zu revolutionieren - zumindest optisch: Schluss mit grauen Kisten! Waren die iMacs zu dieser Zeit (im Bild, Steve Jobs bei der Präsentation neuer Farbmodelle im Jahr 1999) noch knallbunt, klobig und aus durchsichtigem Plastik, änderte sich nach der Jahrtausendwende nicht nur Jobs Kleidungsstil, sondern auch das Design der Produkte.

2 / 7
(Foto: REUTERS)

Das Design wird kühl, sachlich und klar. Der iMac (hier im Bild eine Präsentation von 2006) erinnert an einen Lautsprecher einer deutschen Firma ...

3 / 7
(Foto: René Spitz / CC-by-1.0)

...den Elektrostatischen Lautsprecher LE1 der Firma Braun. Ihr langjähriger und einflussreicher Designer Dieter Rams war das Vorbild für Jonathan Ive. Deutlich wird das auch beim Designvorbild des iPods ...

4 / 7
(Foto: picture-alliance/ dpa)

...das Taschenradio T 3 von Braun aus dem Jahr 1958, im Bild mit dem iPod. Unübersehbar sind die Ähnlichlichkeiten. Apple hat auch nie geleugnet, dass man sich von Rams hat inspirieren lassen. Der sagte auch einmal, dass ihm Ive in einem Brief für die gestalterischen Anregungen gedankt habe. Jahrelang hielt sich Apple an Rams zehn Thesen zu gutem Design. Dass Design innovativ sei und ein Produkt brauchbar mache. Weiter gehören dazu Ästhetik, Verständlichkeit, Unaufdringlichkeit, Ehrlichkeit und Langlebigkeit. Gutes Design müsse umweltfreundlich und konsequent bis ins letzte Detail sein. Denn: Gutes Design sei so wenig Design wie möglich. Doch mittlerweile sagen namhafte Kritiker, dass sich Apple an diese Prinzipien nicht mehr halte.

5 / 7
(Foto: AFP)

Bruce Tognazzini und Don Norman finden, dass Apple mittlerweile Einfachheit und Eleganz über Verständlichkeit und Nutzerfreundlichkeit stelle. Die beiden wissen, worüber sie sprechen. Tognazzini war Apples 66. Angestellter und der erste Interface-Designer der Firma. Norman war in den 1990ern für die Nutzerfreundlichkeit der Apple-Produkte zuständig. Die beiden kritisieren allerdings nicht die Form der Geräte, die sich in den Jahren auch nach Jobs Tod nicht sehr verändert hat.

6 / 7
(Foto: REUTERS)

Sie kritisieren, dass der minimalistische Anspruch mittlerweile dazu geführt habe, dass die neue Schrift viel zu klein und dadurch schlecht lesbar sei. Gegen jede Nutzerfreundlichkeit spräche zudem, dass es zum Beispiel beim iPhone keine "Zurück"-Funktion gibt. Das seien allerdings nur Details. Viel verheerender finden sie, dass Apple eine alte und eigentlich längst obsolete Idee wieder hervorgekramt habe: die Vorstellung, dass es die einzige Aufgabe des Designers sei, Dinge schön zu machen. Da Apple als Referenz gelte, orientierten sich viele andere Unternehmen daran - und der Nutzer denke, dass er einfach zu blöd sei, um das Gerät korrekt zu bedienen.

7 / 7
(Foto: Apple)

Spott löste zuletzt ein Zusatzprodukt von Apple aus: Der Ständer für den Bildschirm Pro XDR kostet sage und schreibe 999 Dollar - für eine Monitorhalterung. (Das Display selbst, dass sich an absolute Profis im visuellen Bereich richtet, kostet 4999 Dollar.) Ein Raunen im Publikum war bei der Vorstellung Anfang Juni nicht zu überhören.

© SZ.de/mri - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: