Wirtschaftsprüfer:Mehr Aufsicht, weniger Skandale?

Lesezeit: 2 min

Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY plant, das eigene Beratungsgeschäft vom Prüfgeschäft abzuspalten. (Foto: Michael Gstettenbauer/IMAGO)

Wirtschaftsprüfer sollen Bilanzen prüfen, gleichzeitig dürfen sie die Unternehmen auch beraten. Das war nicht nur bei Wirecard problematisch. Die EU will die Branche nun strenger regulieren.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Wirtschaftsprüfer erfüllen eine wichtige Funktion in der Marktwirtschaft. Sie sollen sicherstellen, dass die Zahlen in den Unternehmensbilanzen korrekt sind. Investoren, Staaten und Bürger verlassen sich darauf, dass die Zunft "die Integrität der Finanzberichterstattung gewährleistet", wie es die Wirtschaftsprüfervereinigung International Federation of Accountants von sich selbst einfordert. Die Realität ist freilich viel zu oft eine andere. Prüfer sind auch in Bilanzskandale verwickelt, der Fall Wirecard und die unrühmliche Rolle der Wirtschaftsprüfungsagentur EY ist nur das jüngste Beispiel.

Die Experten der vier großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften EY, KPMG, PwC und Deloitte ( Big Four) nehmen nicht nur die Bücher der Konzerne unter die Lupe, sie beraten auch. Und die Beratung ist sehr lukrativ, was folgende Frage aufwirft: Möchte man profitable Beratungsmandate bei einem Konzern gefährden, indem man die Bilanzen dieses Kunden sehr streng prüft? Dieser Interessenkonflikt ist seit Jahrzehnten ein politisches Streitthema, bereits nach der Finanzkrise 2008 war geplant, die Bereiche Beratung und Prüfung abzutrennen. Doch die Lobby der anderen Seite war zu stark.

Nun versucht es die EU erneut. Die Kommission möchte 2023 einen Gesetzesvorschlag zur strengeren Regulierung des Prüfungssektors präsentieren. "Wirtschaftsprüfer sollten bei ihren großen Prüfungsmandaten bei börsennotierten Firmen keine Beratungsdienstleistungen mehr anbieten dürfen", fordert Sebastian Mack, Experte für europäische Finanzmärkte am Jacques Delors Centre in seiner Studie.

Die anderen drei Prüfungsriesen zögern

Dieser Vorschlag kommt zu einer Zeit, da die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY plant, das eigene Beratungsgeschäft vom Prüfgeschäft abzuspalten und an die Börse zu bringen. Man möchte so den Interessenkonflikt ausräumen. Die anderen drei Prüfungsriesen zögern. Generell gibt es die Befürchtung, dass dem Wirtschaftsprüfungsgeschäft dadurch das Fachwissen entzogen würde. Prüfungs- und Beratungskompetenzen seien komplementär.

Zudem würde auch eine Aufspaltung der Big Four die Gefahr eines Interessenkonflikts nicht ausräumen können. "Eine Aufteilung kann das Problem der Parteilichkeit nicht wirklich lösen", meint Experte Sebastian Mack. "Wenn die Anteilseigner der operativ getrennten Unternehmen dieselben bleiben, handelt es sich in der Praxis immer noch um ein und dasselbe Unternehmen mit einem gemeinsamen Geschäftsinteresse." Die EY-Pläne gehen in diese Richtung, mehrheitlich sollen weiterhin die Partner Eigentümer bleiben. Eine vernünftigere Lösung sei daher das Verbot, den Kunden im Prüfungsgeschäft gleichzeitig Beratungsmandate anzudienen.

Insgesamt, so die Studie, würden auch die starke Marktdominanz der Big Four sowie die schwache öffentliche Kontrolle die Qualität der Abschlussprüfung untergraben. Auch diese Mängel könnten behoben werden. "Um den Wettbewerb zu stärken und die dominante Stellung der Großen Vier zu zügeln, sollten gemeinsame Prüfungen, an denen mindestens eine Nicht-Big-Four-Firma beteiligt ist, obligatorisch werden", schreibt Mack, der selbst einmal für eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft gearbeitet hat.

"Zudem sollte die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) die größten Prüfungsgesellschaften direkt beaufsichtigen, um eine wirksame Aufsicht zu gewährleisten." Derzeit liege die Aufsicht weiterhin in den Händen der nationalen Behörden. Das sei problematisch, weil diese über unterschiedliche Ressourcen und Strukturen verfügten. "Multinationale Prüfungsgesellschaften sollten einheitlich auf europäischer Ebene beaufsichtigt werden."

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusExklusivMobilität
:Weshalb einem Start-up gelingt, woran BMW und Mercedes verzagten

Das kleine Unternehmen Miles aus Berlin ist zu einem wichtigen Anbieter beim Carsharing geworden. Die Zahlen sind gut - und jetzt kommt der Schritt ins Ausland.

Von Max Hägler

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: