Niederlage beim BGH:Ex-Wirecard-Chef muss in den Bundestag kommen

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Weist alle Vorwürfe zurück: Ex-Wirecard-Chef Markus Braun. Foto: Florian Peljak (Foto: Florian Peljak)

Markus Braun hat sich beim Bundesgerichtshof vergeblich dagegen gewehrt, vom Untersuchungsausschuss vorgeladen zu werden.

Von Klaus Ott, Sebastian Pittelkow, Katja Riedel und Jörg Schmitt, München

Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat am Dienstag eine Beschwerde des ehemaligen Wirecard-Vorstandschefs Markus Braun gegen seine Vorladung in den Bundestag zurückgewiesen. Braun hatte beim BGH vergeblich Bedenken gegen einen Transport von Augsburg - wo er in Untersuchungshaft sitzt - nach Berlin und zurück inmitten der Corona-Pandemie vorgetragen. Der BGH gab dem Wirecard-Untersuchungsausschuss des Bundestags recht. Der Ausschuss hatte erklärt, Ex-Konzernchef Braun könne sich nach Angaben des bayerischen Justizministeriums vor der Abfahrt aus Augsburg einem Corona-Schnelltest unterziehen. Solche Schnelltests seien auch im Bundestag sowie im Gefängnis in Berlin möglich, wo Braun übernachten müsste.

Der Ex-Konzernchef, der von der Staatsanwaltschaft München I schwerer Vergehen beschuldigt wird, wird nach dem derzeitigen Stand der Dinge von Polizeibeamten am Mittwoch nach Berlin gebracht und wird dort am Donnerstag dem Untersuchungsausschuss vorgeführt. Am Freitag erfolgt dann die Rückfahrt. Brauns Anwalt Alfred Dierlamm hat in der letzten Endes vergeblichen Eingabe beim BGH bereits angekündigt, sein Mandant werde sich selbst im Rahmen einer Vernehmung durch den Bundestag nicht zu den strafrechtlichen Vorwürfen der Münchner Staatsanwaltschaft äußern (die Braun alle zurückweist).

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Von Klaus Ott

Der Ex-Wirecard-Chef will aber seinem Anwalt zufolge zum Lobbying von Wirecard bei Behörden und Politik Angaben machen. Diese Kontakte seien "durchweg völlig unkritisch" gewesen, schreibt Dierlamm in seiner Eingabe beim BGH. Wirecard hatte in den vergangenen Jahren Ex-Politiker wie Karl-Theodor zu Guttenberg (ehedem Wirtschafts- und Verteidigungsminister) engagiert, um sich die Unterstützung der Bundesregierung etwa bei der Expansion nach China zu sichern. Das Netzwerk hatte bis hin zum ehemaligen Hamburger Bürgermeister Ole von Beust gereicht.

Der Bundestagsausschuss legt Wert auf den "persönlichen Eindruck von Braun"

Braun hatte über seinen Anwalt Dierlamm beim BGH dem U-Ausschuss vorgeworfen, diesem gehe es weniger um Aufklärung als vielmehr um ein "Spektakel", bei dem eine vermeintlich "kriminelle Bande mit Handschellen und Fußfesseln medienwirksam" vorgeführt werden solle. Neben Braun sollten am Donnerstag ursprünglich auch zwei weitere ehemalige Wirecard-Manager, die in U-Haft sitzen, im Bundestag erscheinen. Einer der beiden, der Kronzeuge der Staatsanwaltschaft München I, soll wegen Sicherheitsbedenken nun aber per Video vernommen werden.

Der Untersuchungsausschuss hat Braun als ersten Zeugen bewusst an den Anfang der Beweisaufnahme gestellt. Dem Ausschuss geht es darum, ein "deutliches Signal an die Öffentlichkeit zu senden", indem mit der Aufklärung dort begonnen werde, wo der Wirecard-Skandal seinen Ausgangspunkt genommen habe. Dazu sei es notwendig, sich einen persönlichen Eindruck von Braun verschaffen zu können.

Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt gegen den ehemaligen Wirecard-Chef und weitere Beschuldigte wegen zahlreicher Verdachtsmomente: Betrug in Milliardenhöhe, Bilanzfälschung, Manipulation des Börsenkurses und Veruntreuung von Konzernvermögen. Braun weist alle Vorwürfe zurück.

Der Untersuchungsausschuss will aufklären, ob und in welchem Umfang die Finanzaufsicht Bafin, andere Behörden und die Regierung bei der Kontrolle von Wirecard versagt haben. Der Konzern war vor knapp fünf Monaten pleite gegangen, nachdem angebliche Guthaben auf Treuhandkonten in Höhe von 1,9 Milliarden Euro sich als Luftbuchungen erwiesen hatten.

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