Smartphone-App:Whatsapp führt Einmal-Bilder ein

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Ein Selfie - vermutlich unproblematisch. Trotzdem: Wer will, kann Bilder bei Whatsapp nun automatisch löschen lassen. (Foto: Eva Blanco/imago images)

Nach einmaligem Ansehen lassen sich Bilder in Chatnachrichten künftig von selber löschen. Doch die Sache hat einen Haken.

Von Helmut Martin-Jung

Man könnte ja denken, es sei ein Sieg der Bequemlichkeit, dass die Menschheit nicht mehr wie früher Briefe schreiben muss, sondern sich von nahezu jedem Punkt der Welt aus mit jemandem am anderen Ende derselben unterhalten kann - per Telefon. Wie es scheint, war das aber nur eine vorübergehende Phase. Jugendliche oder ihre Eltern wissen, was gemeint ist: anrufen, das ist vielleicht was für den Notfall. Ansonsten aber wird geschrieben, in Chat-Apps wie Whatsapp oder Signal.

Man kann nur erahnen, wie viele peinliche Momente Jugendlichen schon erspart geblieben sind, weil die Helikopter-Mamas und -Papas ihre so gut wie immer peinlichen Tipps oder Fragen via Whatsapp schickten, anstatt ihre Kinder direkt anzurufen. Auch Bilder und Videos werden gerne über Whatsapp versendet. Nicht alle aber sind für die Ewigkeit gedacht, und manche sollten am besten gleich direkt wieder verschwinden.

Wem das wichtig ist, der kann nun eine neue Funktion nutzen, die Whatsapp gerade eingeführt hat. Bilder und Videos lassen sich so senden, dass sie sich nach einmaligem Anschauen von selbst löschen. Zu finden ist die neue Funktion sehr einfach: Neben dem Feld für die Bildunterschrift gibt es einen kleinen Knopf, der sie auslöst.

Whatsapp nennt als Anwendungsbeispiel das Passwort fürs Wlan. Auf einen Zettel schreiben, Foto schicken, die Empfängerin guckt es sich einmal an - und weg ist es. Es sei denn, und das ist der Haken an der Sache, die Empfängerin hat einen Screenshot von der Nachricht gemacht. Das wird nach Auskunft von Whatsapp weder verhindert, noch erfährt der Absender etwas davon. Natürlich kann man das Bild auf dem Handy-Bildschirm auch abfotografieren, mit einem zweiten Handy oder oldschool mit einer Kamera.

Jeder sollte sich vorher genau überlegen, an wen er welche Bilder verschickt

Somit gilt weiter, was in Zeiten der umfassenden Vernetzung schon länger Sache ist: Wer nicht will, dass Bilder in die falschen Hände gelangen, sollte sich genau überlegen, an wen er welche Bilder oder Videos schickt und an wen nicht.

Ganz neu ist die Löschfunktion übrigens nicht. Genau genommen ist sie geklaut von Snapchat, einem Konkurrenten von Whatsapp und dessen Mutterkonzern Facebook. Das Unternehmen war 2011 mit eben dieser Idee gestartet. Auch bei Snapchat ist die Löschung aber nicht hundertprozentig.

Whatsapp sichert zwar auf Anfrage zu, dass auch die Einmal-Bilder und Videos Ende-zu-Ende verschlüsselt seien. Das bedeutet, sie können nur von Sender und Empfänger entschlüsselt und angesehen werden, nicht einmal von Whatsapp selbst. Allerdings gibt es auch hier eine Ausnahme: Wenn jemand ein Bild an Whatsapp meldet, zum Beispiel wegen eines anstößigen Inhalts, erhält der Konzern Zugriff darauf. Die neue Funktion ist also eine nette Ergänzung für alle, die gerne chatten und Bilder und Videos verschicken, mehr aber nicht.

Aufzuhalten ist der Trend zum Chat ganz offenbar nicht. Zwar wurde während der Hochzeit der Pandemie wieder mehr telefoniert, insgesamt aber geht die Tendenz in Richtung Chat. 62 Prozent der 18- bis 24-Jährigen gaben in einer aktuellen Online-Umfrage zu Protokoll, sie kommunizierten mit Freunden oder der Familie am liebsten per Chat, nur 15 Prozent antworteten, dass sie lieber telefonieren. Bei den über 45-Jährigen sagten das 33 Prozent. Videochats spielen insgesamt keine große Rolle, eher noch verwendet man Sprachnachrichten - die elegante Mischung aus Chat und Telefonieren. Vielleicht wird daraus ja der neue Trend.

Möglich wurde die ganze Chatterei erst durch eine Entwicklung, die vor ziemlich genau 25 Jahren anfing. Im August 1996 brachte Nokia das Modell 9000 Communicator auf den Markt - den Urahn aller Smartphones. Es wird wegen seiner Größe auch liebevoll Telefonzelle genannt. So richtig durchsetzen konnte sich das Gerät nur bei Gadget-Liebhabern und Managern, die es aus Statusgründen mit sich herumschleppten. Es folgten die Blackberrys und die Windows-Smartphones. So richtig los aber ging es erst, als Apple mit dem iPhone um die Ecke kam. Der Rest ist Geschichte.

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