Heizen:Deutsche kaufen weniger Wärmepumpen

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Wärmepumpen auf einer Wiese eines Mehrfamilienhauses. Ihre Neuanschaffung ist ziemlich teuer, lohnt sich aber langfristig, sagen Verbraucherschützer. (Foto: Robert Poorten/Imago)

Eigentlich soll Deutschland bald klimafreundlich heizen. Doch monatelange Diskussionen und Gesetzesentwürfe haben die Menschen verunsichert.

Von Nakissa Salavati

Verübeln kann man es den Leuten nicht, dass sie wirklich nicht mehr durchblicken. Eigentümer, die sich ein neues Heizsystem anschaffen wollen oder müssen, hatten in den vergangenen Monaten eine unübersichtliche Informationslage, freundlich ausgedrückt. Nach mehreren Entwürfen ist das neue Heizgesetz noch immer nicht parlamentarisch beschlossen und somit auch die künftige Förderung für Anlagen wie Wärmepumpen nicht final. Manche Kunden hoffen zudem, dass es zum Erdgas irgendwann eine verfügbare Alternative gibt - Wasserstoff etwa. Sie warten also ab.

Das zeigt sich in den Zahlen. Nur etwa 49 000 Anträge auf Förderung einer Wärmepumpe seien im ersten Halbjahr 2023 beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) eingegangen, im Vorjahreszeitraum waren es noch knapp 98 000 Anträge, berichten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Diesen Trend bestätigen Handwerker. Markus Stumbaum etwa, er leitet im Münchner Umland einen Handwerksbetrieb, von Gasheizungen rät er seinen Kunden meist ab, Ölheizungen verkauft er aus Prinzip nicht mehr. Wärmepumpen gerade aber auch kaum: "Wir schicken ständig Angebote raus, aber die Kunden entscheiden sich einfach nicht. Ich verstehe das: Sie sind stark verunsichert, weil sie nicht wissen, in welche Richtung das Gesetz geht und ob es beim letzten Entwurf bleibt", sagt er der SZ.

Noch heizen die Bundesbürger zu 80 Prozent mit fossilen Energieträgern

Bereits jetzt erhalten Eigentümer in Deutschland auf Antrag beim Bafa eine Förderung, wenn sie ein modernes Heizsystem einbauen. Wenn sie zusätzlich noch sanieren, liegt die Bemessungsgrundlage der förderfähigen Kosten bei 60 000 Euro. Künftig soll es eine Grundförderung von 30 Prozent geben, außerdem einen Klima-Bonus und einen einkommensabhängigen Bonus. Die maximal förderfähigen Kosten liegen künftig nur bei 30 000 Euro für den Heizungstausch. Die Deckelung soll verhindern, dass Hersteller wegen hoher Zuschüsse ihre Wärmepumpen zu teuer verkaufen. Wer außerdem saniert, kann aber weiterhin zusätzlich Förderung erhalten. Handwerker Stumbaum sagt: "Ich versuche, den Kunden zu erklären, dass vermutlich die maximale Fördersumme für Wärmepumpen ab 2024 geringer ist. Aber es bleibt dabei: Die meisten zögern."

Dass auch Firmen nicht weiterwissen, berichtet der Handwerksverband für Sanitär, Heizung und Klima ZVHSK in den Funke-Medien: "Unsere Betriebe wissen nicht, wie sie rechtssicher beraten können, wie es mit der Förderkulisse weitergeht. Da kann es nicht überraschen, dass Verbraucher und Firmen in der derzeitigen Lage lieber abwarten".

Deutschland muss künftig klimafreundlich heizen, um Erdgas-Verbrauch und CO₂-Emissionen zu reduzieren und von fossilen Rohstoffen unabhängiger zu werden. Noch heizen Menschen in Deutschland zu etwa 80 Prozent mit fossilen Energien, vor allem mit Erdgas. Techniken wie die strombetriebene Wärmepumpe machen von den Heizarten nur einen einstelligen Prozentteil aus. Das soll das neue Gesetz ändern. Es schreibt vor, dass neu eingebaute Heizsysteme zu 65 Prozent klimafreundliche Energie nutzen müssen. Was genau als klimafreundlich gilt, darüber stritten vor allem FDP und Grüne in der Koalition lange.

Voraussetzung für effektives Heizen ist zudem, dass ein Gebäude ausreichend saniert ist. Im ersten Halbjahr 2023 wurden allerdings knapp 15 Prozent weniger Außenfläche gedämmt als im Vorjahreszeitraum, berichten die Funke-Zeitungen. Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) warnte davor, dass die Klimaziele gefährdet seien: "Die Unternehmen müssen Modernisierungsmaßnahmen verschieben und die noch machbaren Maßnahmen in der Tiefe oft deutlich reduzieren. Die Klimaziele im Wohnungsbereich rücken damit in immer weitere Ferne." Viele Unternehmen könnten sich nur noch auf Instandhaltung statt auf Modernisierung konzentrieren. Der Verband rechnet damit, dass die Modernisierungsinvestitionen in diesem Jahr um 8,6 Prozent einbrechen werden. Nicht nur die unklare Gesetzeslage, sondern auch die Inflation hat am Zögern vieler Eigentümer ihren Anteil: Bau- und Materialpreise sind höher, Banken verlangen für Kredite bereits höhere Zinsen.

Viele Eigentümer lassen sich noch eine neue Gasheizung einbauen

Womöglich auch deswegen hat ein gegenläufiger Trend begonnen: Handwerksverbände berichteten seit Monaten, dass sich Eigentümer noch eine konventionelle Gasheizung einbauen lassen, bevor der Neueinbau von 2024 an nicht mehr erlaubt sein sollte. Die fossil betriebene Anlage samt Einbau gibt es bereits für etwa 7000 Euro, während Wärmepumpen je nach Modell schnell das Sechsfache kosten können. Aber auch wenn die Anfangsinvestition hoch ist, lohnen sich Wärmepumpen mittelfristig, wie etwa die Verbraucherzentrale berechnet hat. Vor wenigen Wochen warnte Ramona Pop, die Leiterin des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen: "Die Preise für Gas und Öl werden steigen, da sich der CO₂-Preis für fossile Energieträger von Jahr zu Jahr erhöhen wird."

Die Wärmepumpen-Krise ist vermutlich von kurzer Dauer: Europäische Hersteller erweitern seit Jahren Fabriken und stellen sich auf einen harten Konkurrenzkampf mit asiatischen und amerikanischen Firmen ein, die riesige Kapazitäten haben. Carrier Global, ein US-Unternehmen, übernimmt die deutsche Traditionsfirma Viessmann auch deswegen, weil es sich mit Wärmepumpen ein enormes Geschäft in Europa erhofft - politisch mit Milliarden von Euro gefördert. Konkurrenz bedeutet für Kunden übrigens: Bald wird's günstiger.

In einer vorherigen Version des Textes hieß es, dass der Zuschuss maximal 60 000 Euro, beziehungsweise 30 000 Euro beträgt. Richtig ist: Es handelt sich um die maximal förderfähigen Kosten.

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