Früher war die Volkswagen-Welt einfach. Immer mehr verkaufte Autos, dazu zufriedene Mitarbeiter mit üppigen Jahresprämien und hohe Gewinne. Da störte es niemanden, nicht einmal den Betriebsrat, dass die Vorstandsmitglieder hohe Millionenboni kassierten. Martin Winterkorn, der damalige Konzernchef, kam so auf insgesamt fast 16 Millionen Euro im Jahr, bei nicht einmal zwei Millionen Euro Grundgehalt. "Herr Winterkorn ist jeden Cent wert", sagte VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh vor zwei Jahren. Nun ist Winterkorn schon gleich nach der Dieselaffäre im September zurückgetreten, und auch sonst haben sich wegen des Skandals viele Dinge geändert in Wolfsburg.
Die Gewerkschaft verlangt klare Ansagen statt "blumiger Beschreibungen"
Kunden sind verstört, Mitarbeiter sorgen sich um die Zukunft des Konzerns und um ihre Jobs. Nur eines hat sich offenbar nicht geändert: Das Interesse des jetzt von Matthias Müller angeführten Vorstands an Bonuszahlungen, die trotz der Krise möglich wären, da sie auch auf der Arbeit der vergangenen zwei bis vier Jahre beruhen. Und da lief es ja noch gut bei VW.
In Teilen des Aufsichtsrats wird das angebliche Ansinnen des Vorstands mit Kopfschütteln bis Empörung registriert. Und in der IG Metall ist gar von einem "Krieg um die Boni" die Rede. Eigentlich, heißt es in Gewerkschaftkreisen, müsste der Vorstand ganz oder weitgehend auf Boni verzichten und so ein Signal aussenden: "Wir haben verstanden." Dass diese Debatte überhaupt laufe, schade VW sehr. In der Konzernzentrale wird die Verantwortung dafür dem Aufsichtsrat zugeschoben. Der lege schließlich die Boni fest. Jeder gegen jeden, so sieht es derzeit aus bei VW. In dieser Lage äußert sich auch IG-Metall-Chef und Aufsichtsrat Jörg Hofmann, der bislang zurückhaltend agierte, erstmals recht deutlich. Es werde zu einer "signifikanten Reduzierung" der Boni kommen, sagte Hofmann der Deutschen Presseagentur. "Wir werden unseren Einfluss geltend machen." Hofmann beklagt, es gebe keine klare Linie vom Vorstand. Der Konzern brauche konkrete Zusagen zur Zukunft der Standorte, zu Arbeitsplätzen und Produkten, statt "blumiger Beschreibungen". Der IG-Metall-Chef gehört dem Aufsichtsrat schon seit einem halben Jahr an, ohne bislang groß aufzufallen. Insofern sind Hofmanns Worte eine Art Ansage: So geht es nicht weiter.
Die Zeit drängt, es brennt an allen Frongen, nicht nur im Verhältnis zwischen Betriebsrat und Management. Während in Wolfsburg über Bonizahlungen diskutiert wird, steht der Konzern vor den vielleicht wichtigsten Wochen seiner Geschichte. Jetzt ist der Aufsichtsrat gefordert, der übernächste Woche tagt. Am 28. April dann wird die Bilanz für 2015 vorgelegt, die so schlecht wie lange nicht ausfallen könnte. In der Abgas-Affäre drohen horrende Strafzahlungen vor allem in den USA, die Autos verkaufen sich schlechter, und insbesondere die Stamm-Marke VW schwächelt weiterhin.