VW setzt Konzern unter Druck:Piëch "enthauptet" MAN

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MAN in der Krise: Schon wieder steht ein Vorstandsmitglied kurz vor dem Rauswurf. In der Schmiergeldaffäre droht indes ein hohes Bußgeld.

Karl-Heinz Büschemann und Klaus Ott

VW kippt bei MAN ein Vorstandsmitglied nach dem anderen aus dem Amt und bereitet die Machtübernahme in dem Münchner Konzern vor. Nach Unternehmenschef Hakan Samuelsson trat am Freitag auch Finanzchef Karlheinz Hornung zurück. Das Ausscheiden von Nutzfahrzeugchef Weinmann steht bevor.

Der VW-Aufsichtsratsvorsitzende Ferdinand Piëch ist für seine Kündigungen bekannt. Nun soll er bei MAN eine "Säuberungswelle" planen. (Foto: Foto: AP)

Volkswagen sorgt damit im fünfköpfigen Vorstand des Münchner Dax-Konzerns für ein Vakuum, von dem nicht klar ist, wie es gefüllt werden soll. Bei MAN ist von "einer Säuberungswelle" die Rede. Ein Manager spricht von der "Enthauptung des Unternehmens" durch VW.

VW wird Anteil an MAN aufstocken

Nach der Eingliederung von Porsche geht der Aufsichtsratsvorsitzende von VW, Ferdinand Piëch, jetzt mit der Neuordnung des Nutzfahrzeugbereichs in die nächste Phase des Konzerumbaus. "Piëch will dieses Kapitel bis 2011 erledigt haben", sagt dazu ein Volkswagen-Manager. "Jetzt laufen die Vorbereitungen". Dazu gehört, dass der Wolfsburger Konzern, der an MAN einen Anteil von 29,9 Prozent hält, demnächst seinen Anteil an dem Münchner Konzern aufstocken wird. VW ist bereits mit über 70 Prozent an dem schwedischen Lkw-Hersteller Scania beteiligt. Piëch will die beiden Unternehmen unter dem Dach von Volkswagen fusionieren. Er hatte zuletzt beklagt, die Zusammenführung der beiden Unternehmen gehe ihm zu langsam.

Piëch nutzt offenbar die bei MAN schwelende Korruptionsaffäre, um Führungskräfte bei MAN aus dem Amt zu hebeln und sie durch Personen seines Vertrauens zu ersetzen. Auch vom gerade eingesetzten Nachfolger Georg Pachta-Reyhofen heißt es bei VW ostentativ, er sei als MAN-Chef "nur interimistisch" im Amt. Die Schmiergeldaffäre bei MAN hat ein erhebliches Ausmaß und kann den Konzern nach Informationen der Süddeutschen Zeitungim Extremfall bis zu 300 Millionen Euro kosten.

50 bis 80 Millionen Steuernachzahlungen

Das Unternehmen soll einen Bußgeldbescheid erhalten und Steuern nachzahlen. In einem internen Bericht von MAN werden die fragwürdigen Zahlungen mit 50 bis 80 Millionen Euro beziffert. Nach Angaben eines Insiders könnte sich die Größenordnung auch auf 100 Millionen Euro und mehr belaufen. MAN will dem Aufsichtsrat bei dessen nächster Sitzung am 11. Dezember die Ergebnisse der eigenen Ermittlungen vorlegen.

Aufsichtsratschef Piëch soll mehreren Vorstandsmitgliedern unmissverständlich erklärt haben, sie müssten das Unternehmen verlassen. Allerdings wird das Ausscheiden des Finanzchefs Hornung nicht mit einer Verstrickung in die Korruptionsaffäre begründet. Hornung selbst erklärt: "Dieser Schritt ist nicht im Zusammenhang mit dem derzeitigen Compliance-Verfahren zu sehen". Der Manager kam erst zu MAN, als die Schmiergeldgeschäfte schon erfolgt waren. Auch der Abschied von Samuelsson wurde nicht mit der Korruptionsaffäre erklärt. Es hieß Anfang vergangener Woche nur, es sollte "zum Wohle des Unternehmens einen personellen Neuanfang auf höchster Ebene geben".

Ausreichend Rückendeckung für Piëch

Jetzt erwarten Eingeweihte, dass bis zum Aufsichtsratstreffen am 11. Dezember auch das für die Nutzfahrzeugsparte zuständige Vorstandsmitglied Anton Weinmann ausscheidet. Im MAN-Aufsichtsrat hat Piëch ausreichende Rückendeckung für sein Durchgreifen. Aus Konzernkreisen ist zu hören, sowohl die Kapitalseite wie die Abgesandten von Belegschaft und IG Metall stünden hinter Piëch.

Bei Volkswagen laufen indessen die Vorbereitungen, MAN und Scania gemeinsam zu einer weiteren Tochtergesellschaft des Wolfsburger Konzerns zu machen.Nach den Wolfsburger Plänen sollen beide Unternehmen in einer Zwischenholding zusammengefasst werden. Diese werde dem Konzern unterstellt sein. Beide Marken sollen am Markt getrennt auftreten, sie sollen aber gemeinsam Kostenvorteile nutzen.

In einem Medienbericht hieß es, der bisherige VW-Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch solle den Nutzfahrzeugbereich übernehmen. Aus Konzernkreisen war dazu zu erfahren, dass sich Pötsch, der ein enger Vertrauter von Piëch ist, für eine neue operative Aufgabe interessiere. Für die Aufgabe komme aber auch der VW-Produktionsvorstand Jochem Heizmann in Frage. Ein VW-Sprecher sagte, das Unternehmen wolle die Spekulationen nicht kommentieren. Am Donnerstag soll eine außerordentliche Aktionärsversammlung von VW die mehr als zehn Milliarden Euro teure Übernahme des Sportwagenherstellers Porsche gutheißen.

© SZ vom 30.11.2009/abis - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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