Von Wirtschaftskrise stark getroffen:Jung, männlich, qualifiziert

Lesezeit: 3 min

Die Gewerkschaften warnen: Wegen der Wirtschaftskrise sind junge Männer unmittelbar nach ihrer Ausbildung besonders stark von der Arbeitslosigkeit bedroht.

Die steigende Arbeitslosigkeit infolge der Wirtschaftskrise trifft einer Gewerkschaftsstudie zufolge jüngere Beschäftigte besonders hart. Die Arbeitslosigkeit sei unter Jüngeren rund dreimal so stark gestiegen wie im Durchschnitt aller Altersklassen, heißt es der Frankfurter Rundschau zufolge in der Analyse des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB).

Jugendlicher bei der Arbeitssuche: "Übergangsprobleme nach der Ausbildung." (Foto: Foto: dpa)

Demnach waren im Mai 16 Prozent mehr Menschen bis 24 Jahre arbeitslos als ein Jahr zuvor. Die durchschnittliche Arbeitslosigkeit sei mit 5,3 Prozent deutlich geringer gestiegen.

Die Zuwächse konzentrierten sich auf junge Leute im Alter zwischen 20 und 24 Jahren, stellt die Studie weiter fest. "Die hohe Arbeitslosigkeit der Jugendlichen beruht überwiegend auf Übergangsproblemen nach der Ausbildung", schlussfolgert der DGB dem Bericht zufolge.

Junge Männer stärker betroffen als junge Frauen

Junge Beschäftigte würden entweder nicht übernommen oder nur kurzfristig beschäftigt. Viele junge Menschen hätten ihren Job verloren, weil sie nur befristet oder in Leiharbeit beschäftigt waren. Denn Unternehmen trennten sich zuerst von Arbeitnehmern, deren Schutz relativ gering sei.

Für die Studie wurden dem Bericht zufolge unter anderem Daten der Bundesagentur für Arbeit ausgewertet. Der DGB verweist in ihr auch darauf, dass die Arbeitslosigkeit bei Männern bis 24 Jahre ungleich stärker gestiegen sei als bei Frauen: Bei jungen Männern stieg die Zahl der Jobsuchenden demnach innerhalb eines Jahres um gut 26 Prozent, bei jungen Frauen nur um 2,8 Prozent.

Fachleute nennen als einen Grund hierfür, dass Männer öfter in exportorientierten Industriebetrieben arbeiten, die besonders unter der Krise leiden.

IG Metall fürchtet Entlassungen nach Bundestagswahl

Auch der IG Metall macht der Arbeitsmarkt Sorge: Die Gewerkschaft fürchtet nach der Bundestagswahl Entlassungen im großen Stil. Einige "Unternehmen schieben offenbar mit Blick auf die Bundestagswahl am 27. September Entlassungen aus politischen Gründen hinaus", schreibt IG-Metall-Vorstandsmitglied Helga Schwitzer in einem Gastbeitrag für die Frankfurter Rundschau.

"Das Muster ist aus 2005 in Erinnerung. Kurz nach dem Wahltag haben Unternehmen den Abbau von mehreren 10.000 Arbeitsplätzen verkündet." Um Entlassungen zu vermeiden, schlägt Schwitzer ein Moratorium vor, "mit dem sich die Beteiligten verpflichten, betriebsbedingte Kündigungen zu unterlassen und Kurzarbeit bis zum Letzten auszuschöpfen". Betriebe sollten die Möglichkeit nutzen, Kurzarbeit bis zu 24 Monate einzuführen.

Außer Bundesregierung, Unternehmen und Gewerkschaften müsse auch die Bundesagentur für Arbeit an einem solchen Moratorium beteiligt sein, um eine unbürokratische Genehmigung von Kurzarbeit und eine ebenso unbürokratische Förderung von Qualifizierungen zu sichern.

Nötig sei zudem eine Debatte über weitere Instrumente zur Beschäftigungssicherung wie Arbeitszeitverkürzung. Die IG Metall gehe davon aus, dass das Arbeitsvolumen bis 2013 im besten Fall einer schnellen wirtschaftlichen Erholung um zehn Prozent sinke.

Gesamtmetall: Harte Einschnitte

Aber nicht nur der Gewerkschaftsbund kommt zu unerfreulichen Ergebnissen, auch die Arbeitgeberseite malt für die Zukunft schwarz: Die deutsche Industrie steuere trotz erster positiver Konjunktursignale auf eine Phase harter Einschnitte zu. "Viele Betriebe rutschen inzwischen von der Konjunkturkrise in eine Strukturkrise", sagte Martin Kannegiesser, Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, dem Handelsblatt.

Damit wachse der Druck auf die Unternehmen, mit "Anpassungen" bei Personalkosten und Beschäftigung zu reagieren, warnte Kannegiesser. Hintergrund ist, dass der bisher in der Krise praktizierte Weg der Beschäftigungssicherung für die Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie offensichtlich zunehmend an die wirtschaftliche Substanz geht.

Explosionsartiger Anstieg der Lohnstückkosten

Nach einem dem Handelsblatt vorliegenden "Gewinnreport" des Verbands droht die Branche in diesem Jahr erstmals in der Nachkriegszeit als Ganzes in die Verlustzone zu rutschen. Zum Vergleich: Im Jahr 2007 hatten noch lediglich acht Prozent der Metall- und Elektrounternehmen mit zusammen gut 3,5 Millionen Beschäftigten rote Zahlen geschrieben.

Als Ursache für den Ertragseinbruch macht der Report einen explosionsartigen Anstieg der Lohnstückkosten bei sinkenden Umsätzen aus. Laut Gesamtmetall lagen die Lohnstückkosten im Frühjahr 2009 um fast 30 Prozent höher als ein Jahr zuvor.

Während die Produktion branchenweit um mehr als ein Viertel zurückging, sank die Beschäftigtenzahl bisher nur um 2,5 Prozent. Zur Metall- und Elektroindustrie zählen die Schlüsselbranchen der Exportwirtschaft, darunter Automobil-, Maschinenbau und Elektrotechnik. Sie hatten nach dem Einbruch der Weltwirtschaft besonders stark auf Kurzarbeit gesetzt.

© sueddeutsche.de/dpa/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: