Der Elektroautobauer Tesla aus Kalifornien baut jetzt auch sportliche Premiumautos, nur mit Elektromotor. Die Leute von den IT-Konzernen Google und Apple, die man bis vor kurzem noch für harmlose Nerds gehalten hat, die Computer programmierten und - wenn überhaupt - alte Handy-Heroen wie Nokia in die Knie drückten, wollen auf einmal selbstfahrende Elektroautos bauen. Und der chinesische Markt, der für ein Drittel der Autos steht, die VW verkauft, geht nach unten und niemand weiß, ob es jemals wieder so wird wie zu den Zeiten, als man dort zweistellige Wachstumsraten hatte.
Und dann ist da noch die Sache mit dem Konzern, der zwölf Marken hat, zwei große Eigentümerfamilien und irgendwie von Männern im besten Rentenalter geführt wird. Ein Weltkonzern, lange Zeit regiert wie das römische Reich, von dem man ja weiß, wie es endete.
Wie Winterkorn, der noch bis 2018 VW-Chef bleiben soll, sein Reich neu ordnet, darüber wird derzeit verhandelt - in einigen Wochen sollen die Details beschlossen sein. Regionen und Marken sollen gestärkt werden, die Zentrale aber nicht allzu sehr geschwächt. Schwierig.
Und es geht um die Frage, wie man in Zukunft seine Autos antreiben will. 20 weitere Automodelle will VW bis 2020 auf den Markt bringen, die rein elektrisch fahren oder als Hybrid unterwegs sind. "Klarer kann man sich nicht zur Elektromobilität bekennen", sagt Winterkorn. Die VW-Tochter Audi hat deshalb einen Elektro-SUV mitgebracht, der 500 Kilometer weit fahren kann, ohne aufgeladen zu werden. Dieser "e-tron quattro concept" ist eine Studie, aber sie soll zeigen: Die Sache mit der Beauty und dem Beast soll auch in Zukunft noch funktionieren, auch dann noch, wenn man bei Automessen nichts mehr röhren hört, weil die Autos dann keine Verbrennungsmotoren mehr haben, die dann noch röhren könnten. "Dass sich die großen IT-Konzerne für das Auto interessieren, zeigt mir vor allem: Unser Kernprodukt ist hochattraktiv", sagt Winterkorn den Kollegen von der Westküste. "Wir von Volkswagen lieben den sportlichen Wettkampf." Angriff ist die beste Verteidigung, auch wenn man noch nicht so genau weiß, was der Andere eigentlich ganz genau vor hat.
Ein Mann für den Angriff ist Herbert Diess, der hier neben den Autos steht, ein unscheinbarer Mann, von dem noch viel erwartet wird. Dieser Diess war noch bis vor kurzem BMW-Vorstand und dort einer der Kandidaten für die Nachfolge von Ex-BMW-Chef Norbert Reithofer. BMW-Chef wurde ein anderer, und Diess zog weiter nach Wolfsburg, wo er bei der schwächelnden Hausmarke VW mehr Gewinne rausholen soll. "Wir bei Volkswagen glauben an die Elektromobilität", sagt Diess. Vom "Ihr" zum "Wir" - so schnell kann es gehen, wenn man die Firma wechselt. Es ist sein erster Konzernabend im Zwölf-Marken-Reich, und "es fühlt sich gut an", sagt Diess. Ein Empfang mit offenen Armen. Das immerhin ist schon etwas in einem Konzern, in dem es nicht immer so herzlich zuging. VW hat turbulente Monate hinter sich und einer, der immer da war, war diesmal nicht da: Alt-Patriarch und Mit-Eigentümer Ferdinand Piëch, der im Frühjahr nach verlorenem Machtkampf die Aufsichtsratsspitze verlassen hatte. Ein VW-Abend ohne Piëch, das ist ungewöhnlich. "Neue Normalität", sagt ein VW-Mann. So kann man es auch sehen.