Volkswagen:VW steht vor Einigung mit US-Behörden

Lesezeit: 3 min

Kurz vor dem Durchbruch im Streit mit den Behörden: Volkswagen in den USA (Foto: Friso Gentsch/dpa)
  • Prozessbeteiligten zufolge steht Volkswagen kurz vor einem Durchbruch im Streit um manipulierte Dieselmotoren in den USA.
  • Der Vergleich kommt in letzter Minute - am Donnerstag läuft eine Frist aus, bis zu der sich die Parteien geeinigt haben müssen. Sonst droht ein teurer Prozess.
  • Insider berichten, VW sei bereit, geschädigten Kunden 5000 Dollar Entschädigung zu zahlen.

Von Thomas Fromm, München

Wenn alles so kommt, wie Prozessbeteiligte berichten, dann könnte Volkswagen auf den letzten Metern noch ein Durchbruch im Streit um manipulierte Dieselmotoren in den USA gelingen. Denn in dem Milliardenstreit soll der Konzern kurz vor einer außergerichtlichen Lösung mit den US-Behörden stehen.

Ein solcher Vergleich käme kurz vor Ablauf einer von einem Bezirksgericht in San Francisco gesetzten Frist, die an diesem Donnerstagnachmittag ausläuft - und sie wäre für den Konzern wohl die letzte Chance, einen teuren Prozess in diesem Sommer noch abzuwenden.

5000 Dollar Entschädigung für Kunden in den USA

Verhandlungskreise berichten, VW sei bereit, seinen Kunden 5000 Dollar Entschädigung für mit der kritischen Diesel-Software ausgestattete Autos zu zahlen. Insider halten diese Summe allerdings für "hochgegriffen". Gleichzeitig solle VW auch die Kosten für die Umrüstung der anderen betroffenen Fahrzeuge tragen. Insgesamt sind von den Abgas-Manipulationen bei Diesel-Modellen in den USA an die 600 000 Wagen betroffen.

Autohersteller
:Der Nächste, bitte!

Mitsubishi gesteht jetzt ebenfalls eine Manipulation, nur: Anders als bei Volkswagen geht es bei den Japanern um geschönte Zahlen zum Benzinverbrauch.

Von Thomas Fromm

Verhandlungskreise gehen davon aus, dass der gemeinsame Plan zunächst eine Art Rahmenvereinbarung sein wird, um die kritischsten Punkte zu klären. Weitere Details sollen dann in weiteren Schritten geklärt werden.

Kläger beobachten die Entwicklung in den USA ganz genau - vor allem die Frage von Entschädigungszahlungen. Man könne sich "nicht vorstellen dass deutsche Kunden das so hinnehmen werden, wenn amerikanische Kunden entschädigt werden und sie nicht", heißt es. VW wollte sich auf Anfrage nicht zu den Details, über die zuerst die Welt berichtet hatte, äußern. Man wolle Verhandlungsergebnissen nicht vorgreifen, hieß es in Wolfsburg.

An diesem Donnerstag läuft das Ultimatum des US-Richters Charles Breyer aus; es sieht vor, dass sich der Konzern aus Wolfsburg bis dahin mit der US-Umweltbehörde EPA unter anderem darüber einig wird, ob seine Dieselautos repariert oder zurückgekauft werden.

Eine Einigung mit den Umweltbehörden wäre nicht nur ein wichtiger Fortschritt in der Dieselaffäre. Erst wenn man den Rechtsstreit mit den Behörden im Griff hat, ist klar, wie hoch die Belastungen sein werden und wie viel Geld VW für den Skandal zurücklegen muss.

Am Freitag dann kommt der Aufsichtsrat zusammen, um über die Bilanzzahlen des Jahres 2015 zu beraten, denn in der kommenden Woche soll endlich die VW-Bilanz für 2015 veröffentlicht werden. Analysten zufolge muss der Konzern wegen der Abgaskrise einen herben Gewinneinbruch melden. Im letzten Quartal 2015 ist der Überschuss den Schätzungen zufolge um 60 Prozent auf 913 Millionen Euro eingebrochen, der Umsatz ging um rund fünf Prozent auf gut 52 Milliarden Euro zurück.

Bis Ende April will VW erste Ermittlungsergebnisse vorlegen

Das Unternehmen muss einem Insider zufolge wegen des Abgas-Skandals in seiner Bilanz für 2015 wohl mehr als zehn Milliarden Euro zur Seite legen. Im dritten Quartal lag die Rückstellung bei 6,7 Milliarden Euro.

Erwartet wird bei der Aufsichtsratssitzung auch eine Aufklärung der Affäre durch einen Bericht der US-Kanzlei Jones Day. Die Anwälte sind seit Monaten dabei, die Verfehlungen aufzuklären. Bis zur Jahrespressekonferenz Ende April, so der Plan, wollte VW eigentlich wichtige Zwischenergebnisse zu den Untersuchungen veröffentlichen. Allerdings sieht es inzwischen so aus, als könnte der Zeitplan kippen: VW könnte seine für die zweite Aprilhälfte angekündigten Ermittlungsergebnisse verschieben, der große Aufklärungsbericht käme damit erst später. Die internen Ermittlungen seien angeblich noch so weit, heißt es.

Andererseits hänge die Verschiebung auch an der Gemengelage in den USA, sagten Insider: Ob der Konzern in den nächsten Tagen und Wochen seine Ermittlungsergebnisse bekanntgeben könne, hänge unter anderem auch davon ab, wie die Richterentscheidung am Donnerstag ausgehe. Das Wall Street Journal schrieb zuletzt, VW habe vom US-Justizministerium die Ansage bekommen, auf eine Veröffentlichung von Zwischenständen zu verzichten, da dies Folgen für die Ermittlungen in den USA haben könnte. Das Problem: Hier drohen Milliardenstrafen. So oder so: Die Sache ist vertrackt und unübersichtlich.

Für VW wäre dies ein weiterer Schlag: Seit Monaten schon verweist das Unternehmen auf die letzte Aprilwoche. Damit habe der Konzern eine "gewisse Erwartungshaltung" in der Öffentlichkeit aufgebaut, kritisiert ein Insider. Nun aber könnte es zumindest einen ersten Schritt zur Lösung dieser tiefen Krise geben.

© SZ vom 21.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Nach Abgasskandal
:Volkswagen-Marktanteil sinkt auf Fünf-Jahres-Tief

Und das, obwohl die Europäer immer mehr Autos kaufen. Zeigen sich nun die Folgen des Abgasskandals?

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: