USA:VW bekommt Steuerprämie für E-Auto

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Ein Volkswagen ID. 4 auf der Autoshow in New York (Foto: Michael Brochstein/IMAGO/ZUMA Wire)

Erst nein, dann doch: Der VW ID.4 soll in den USA mit 7500 Dollar subventioniert werden. Das dürfte für den Erfolg der Wolfsburger entscheidend sein.

Von Thomas Fromm

Wer seine zertifizierten Jahres- und Gebrauchtwagen sehr selbstbewusst unter dem Label "Weltauto" vermarktet, der gibt ein klares Statement ab. Weltauto, das bedeutete bei Volkswagen, dem nach Toyota zweitgrößten Autobauer der Welt, immer auch: Ein Auto, das man auf der ganzen Welt baut und verkauft. Ein Auto wie der VW Käfer, der jahrzehntelang in vielen Ländern der Erde montiert und in noch mehr vertrieben wurde. So gesehen geht es bei einem Weltauto nicht nur um Zertifikate und Qualität. Vielmehr geht es auch um Absatz und Masse, eben darum, in möglichst vielen Regionen der Welt den Geschmack der Menschen zu treffen.

Die eigentliche Frage aber ist nun: Gelingt es Volkswagen, solche Weltautos auch ohne Benzin oder Diesel anzubieten? Den Sprung in die Ära der Elektroautos zu schaffen?

Ein solches Weltauto könnte das Elektromodell ID.4 werden. Ein geräumiger SUV und einer der jüngsten Hoffnungsträger aus dem Wolfsburger Autokonzern, gebaut in Deutschland, in China und auch im US-Werk in Chattanooga, Tennessee. Basispreis in den USA: an die 39 000 Dollar. Da sich Autos aber eben nicht nur über Qualität, Markenbekanntheit und solche Dinge verkaufen lassen, sondern auch über den Preis, war es nicht ganz unwichtig, was in diesen Tagen in den USA passierte.

Schlechte Nachrichten: Auf der ersten Liste standen nur US-Hersteller

Es begann am Montag damit, dass das US-Finanzministerium eine Liste jener Fahrzeuge vorlegte, welche künftig noch in den vollen Genuss von Steuererleichterungen kommen. Prämien, die die US-Regierung im Zuge des 430 Milliarden Dollar schweren Inflation Reduction Acts (IRA) auslobt, um den Industriestandort USA zu stärken. Auf der Liste fanden sich große Namen wie Cadillac, Chevrolet, Chrysler, Ford und Tesla. Was hier auffiel: Die Hersteller, die von den staatlich finanzierten Vergünstigungen von 7500 Dollar je Auto profitieren, waren allesamt amerikanisch.

Europäische oder asiatische Modelle? Fehlanzeige. Auch der ID.4 von VW war da noch nicht auf der Liste. Für einen Autokonzern, der seit Jahrzehnten sehr gut von der Globalisierung lebt und der an das Weltauto glaubt, war das keine gute Nachricht. Ohne robuste Steuerprämien ist man überall auf der Welt im Nachteil. Besonders aber in den USA mit seinen vielen, starken heimischen Automarken. Zwei Tage später dann die Kehrtwende: VW ließ wissen, dass der ID.4 nun doch die Voraussetzungen für Steuererleichterungen in den USA erfüllt. Der Konzern sei damit jetzt der einzige ausländische Autobauer, der ein Elektroauto am US-Markt platziert hat, das die volle Erleichterung bekomme.

Die US-Regierung will sich unabhängiger von chinesischer Batterietechnologie machen

Um überhaupt in den Genuss des vollen Rabatts von 7500 Dollar (6800 Euro) zu kommen, müssen Autohersteller nachweisen, dass sie ihre Fahrzeuge in den USA zusammenbauen. Das eigentliche Problem für die ausländischen Anbieter aber ist ein anderes: Mindestens 50 Prozent des Wertes der Batteriekomponente muss aus US-Produktion stammen. Eine Regel, die vor allem dazu dienen soll, die Branche unabhängiger von chinesischer Batterietechnologie zu machen. Für Europas Autoindustrie, die traditionell sehr enge Lieferbeziehungen mit Batterieausrüstern aus Asien unterhält, ist das eine nicht immer leicht zu erfüllende Auflage. Tatsächlich soll VW einen zentralen Nachweis über die Herkunft von Batteriekomponenten nicht mehr rechtzeitig zum Start der neuen Subventionsregeln am Dienstag vorgelegt haben.

Jetzt teilte VW mit: Das Elektroauto werde nun "nicht nur äußerst erschwinglich, sondern auch wettbewerbsfähig mit konventionellen Kompakt-SUVs". An die 10 000-mal hatte sich das Elektrofahrzeug im ersten Jahresquartal in den USA verkauft, es gilt derzeit als eines der meistverkauften Elektrofahrzeuge am US-Markt. Steuererleichterungen von 7500 Dollar können am Ende darüber entscheiden, ob dies so bleibt, oder ob man von den heimischen Herstellern abgehängt wird. So ein Steuerrabatt ist ein wichtiges Kauf- und Verkaufsargument - gerade in Zeiten, in denen der Konzern auch auf einem anderen Kontinent schwer kämpfen muss.

In China ist VW zum ersten Mal seit Jahrzehnten nicht mehr Marktführer

Denn während VW in den USA in diesen Tagen um Steuerprämien rang, kam aus einem anderen Markt für Weltautos eine Hiobsbotschaft: Kurz vor Beginn der Automesse in Shanghai wurde bekannt, dass Volkswagen seine jahrzehntelange Marktführerschaft in China verliert. Seit Jahren konzentrieren sich die chinesischen Autobauer auf Technologien für Elektroautos, auf schnelle Aufladesysteme und ihre Vernetzung. Anders als die Deutschen, die jahrelang damit beschäftigt waren, immer weiter an ihren Verbrennungsmotoren zu schrauben, um sie noch sparsamer und effizienter zu machen.

Dass der chinesische Rivale BYD nun wegen seiner Elektroautos an den Wolfsburgern vorbeizieht, zeigt auch: Die Zeit der deutschen Benziner und Diesel ist in China allmählich vorbei. Der Absatz von Autos mit Verbrennungsmotoren in China ist derzeit im freien Fall und damit auch das alte Geschäftsmodell von VW, Mercedes, BMW und vielen anderen. Gleichzeitig steigt der Absatz von reinen Elektroautos und Fahrzeugen mit Plug-in-Hybrid-Antrieben - ausgerechnet da also, wo die chinesischen Anbieter die Deutschen längst abgehängt haben. Für ein Unternehmen, das in Weltauto-Dimensionen denkt, könnte das zu einem Problem werden.

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