Zeltingen-Rachtig:Freie Fahrt hoch über der Mosel: Riesen-Brücke eröffnet

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Am Ende ist es nur ein kleiner Schnitt durchs Band: Die riesige Hochmoselbrücke bei Zeltingen-Rachtig als zweithöchste Brücke Deutschlands ist für den Verkehr...

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Zeltingen-Rachtig (dpa/lrs) - Am Ende ist es nur ein kleiner Schnitt durchs Band: Die riesige Hochmoselbrücke bei Zeltingen-Rachtig als zweithöchste Brücke Deutschlands ist für den Verkehr eröffnet. Politiker waren die ersten, die am Donnerstag in einem Konvoi über die 1,7 Kilometer lange und bis zu 160 Meter hohe Brücke rollten. „Heute ist ein Freudentag. Wir schließen eine bedeutende Lücke, damit Rheinland-Pfalz in wichtige Ballungszentren verbunden ist“, sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). Der sogenannte Hochmoselübergang schafft eine direkte Straßenverbindung zwischen dem Rhein-Main-Gebiet und den Nordseehäfen in Belgien und den Niederlanden.

Seit Jahrzehnten ist an der Querung über dem weiten Moseltal geplant worden, acht Jahre lang wurde gebaut. Mit der „Jungfernfahrt“ der Politiker ging das aktuell größte Brückenbauprojekt in Europa zu Ende. Mit dem Bauwerk „made in Rheinland-Pfalz“ sei Brückenbaugeschichte geschrieben worden, sagte Dreyer. Hunderte Bürger waren zum Startschuss an das Bauwerk gekommen, um bei Punsch und Weck in luftiger Höhe auf das Finale anzustoßen.

Dreyer sagte, sie sei davon überzeugt, „dass die Brücke uns bei einem wirtschaftlich starken Bundesland, das wir sind, auch weiter nach vorne bringen wird und die Menschen in Eifel und Hunsrück miteinander stärker verbinden wird“. Der parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Steffen Bilger (CDU), erklärte: „Die Hochmoselbrücke ist ein wahres Meisterwerk deutscher Ingenieurskunst.“ Und der rheinland-pfälzische Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) sprach von einem „Bauwerk der Superlative“. Bundesweit höher ist nur die Kochertalbrücke mit maximal 185 Metern Höhe in Baden-Württemberg.

Die Brücke ist Teil einer neuen, rund 25 Kilometer langen vierspurigen Strecke (B50 neu) zwischen Eifel und Hunsrück, die nun durchgängig befahrbar ist. Rund 25 000 Fahrzeuge pro Tag sollen laut Planern über die Brücke fahren, die seit ihrer Planung umstritten war. Kritiker bemängeln, die Brücke zerstöre das idyllische Landschaftsbild zwischen den Weinorten Ürzig und Rachtig. Auch Kostensteigerungen sorgten für Schlagzeilen. Nach derzeitiger Planung kostet das gesamte Projekt 483 Millionen Euro, auf die Brücke entfallen rund 175 Millionen Euro.

„Mir ist sehr bewusst, dass diese Brücke polarisiert hat“, sagte Dreyer. „Ich wünsche mir, dass mit dem heutigen Tag auch die Skeptiker ihren Frieden mit der Brücke machen.“ Jutta Krimgen, die aus Trier gekommen war, sagte: „Ich finde die Brücke sieht auch von unten sehr imposant aus.“ Und Walter Loewen aus Lösnich meinte: „Rund 95 Prozent der Anwohner in der näheren Umgebung sehen die Vorteile der Brücke oder haben nichts gegen sie.“

Knapp 40 000 Kubikmeter Beton und 32 500 Tonnen Stahl stecken in dem Mega-Bauwerk. Die Stützweiten zwischen den zehn Pfeiler betragen bis zu 210 Metern. Das ist nach Angaben des Bundesverkehrsministerium eine der größten Spannweiten, die jemals in dem sogenannten Taktschiebeverfahren gebaut wurde. Der Überbau ist in 13 „Verschüben“ von großen Stahlträgern über die Pfeiler nach und nach entstanden.

Kritik zur Eröffnung kam von den Grünen: Die Eröffnung „dieses monströsen Straßenbauprojekts“ sei kein Grund zum Feiern, sagte die grüne Bundestagsabgeordnete Corinna Rüffer aus Trier. „Die Hochmoselbrücke zerstört die einmalige Naturlandschaft im Moseltal, ist schlecht fürs Klima und bietet keine Antwort für die Mobilität in der Zukunft.“ Der „Gigant aus Beton“ sei „ein Paradebeispiel für eine Verkehrspolitik von vorgestern - auf die Union, SPD und FDP fatalerweise auch heute noch setzen“, sagte sie.

Die Bürgerinitiative Pro-Mosel, die den Bau der Brücke von Anfang an verhindern wollte, teilte zur Eröffnung mit: „Die Argumente der Kritiker sind folgenlos verhallt. Selbst Warnungen von Geologen zur Standsicherheit im Ürziger Rutschhang blieben ungehört.“ Vor Jahren hatte man auf der Eifelseite in 22 Metern Tiefe Erdverformungen festgestellt. Um Bedenken auszuräumen, wurden sechs unterirdische Betonsäulen gebaut - als zusätzlichen Schutz für den Fall, dass es erneut zu Bewegungen am Hang kommt.

Diese Dübelschächte zeigten ihre Wirkung, sagte eine Sprecherin des Landesbetriebs Mobilität (LBM) Rheinland-Pfalz. Der Hang zeige keine Verformungen mehr an - werde aber weiter über Messsysteme überwacht. Das Sicherheitsmonitoring koste jedes Jahr rund 80 000 Euro.

Die Grünen im rheinland-pfälzischen Landtag erklärten, für sie sei die Brücke nach wie vor ein „ungeheurer Eingriff in die Natur“, der nicht zu rechtfertigen sei. „In Zukunft können wir uns angesichts des Klimawandels eine rückwärtsgewandte Mobilitätspolitik mit Fokus auf den Autoverkehr nicht mehr leisten“, teilte die verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion, Jutta Blatzheim-Roegler, mit.

Insgesamt wird die B50 auf 41 Kilometern neu- oder ausgebaut. Nachdem das Stück zwischen der A1 bei Wittlich in der Eifel und Longkamp im Hunsrück jetzt geschafft ist, fehlt noch der ein zweiter, rund 16 Kilometer langer Abschnitt zwischen Longkamp und dem Flughafen Hahn. Dieser werde derzeit geplant und mit Nachdruck verfolgt, sagte Bilger.

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