Verkehr - Wiesbaden:Keine freie Fahrt für E-Autos

Wiesbaden (dpa/lhe) - Fahrer von Elektrofahrzeugen haben in Hessen kaum Privilegien gegenüber herkömmlichen Autos. Denn Kommunen nutzen nur in geringem Maße die gesetzliche Möglichkeit, E-Autos im ruhenden oder fließenden Verkehr zu bevorzugen, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur unter hessischen Städten zeigt.

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Wiesbaden (dpa/lhe) - Fahrer von Elektrofahrzeugen haben in Hessen kaum Privilegien gegenüber herkömmlichen Autos. Denn Kommunen nutzen nur in geringem Maße die gesetzliche Möglichkeit, E-Autos im ruhenden oder fließenden Verkehr zu bevorzugen, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur unter hessischen Städten zeigt.

Das Land Hessen geht zwar künftig von mehr E-Autos aus. Bisher ist ihre Zahl aber vergleichsweise gering. Das Kraftfahrtbundesamt hat für Hessen Anfang 2019 genau 6618 batterie-elektrische und 5610 Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge gezählt - letztere verfügen zusätzlich weiterhin über einen Benzin- oder Dieselmotor. Dies entspreche einem Anteil von 0,3 Prozent ab der Gesamtzahl aller Fahrzeuge.

Bereits vor vier Jahren hatte der Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen, dass Kommunen die Attraktivität von E-Fahrzeugen steigern können. Das Elektromobilitätsgesetz erlaubt seit 2015 Städten und Gemeinden Privilegien einzuführen: Sie können beispielsweise für die Fahrzeuge Parkgebühren erlassen, Sonderspuren freigeben oder die Zufahrt zu Straßen mit Durchfahrverboten gestatten. Gebrauch machen die Kommunen davon nur zögerlich. Sie begründen dies teilweise mit Problemen bei der Umsetzung.

In FRANKFURT müssen die Stadtverordneten noch über Sonderrechte für Autos entscheiden. In drei bis vier Wochen werde ein Satzungsentwurf an die Stadtverordneten gehen, der Fahrzeugen mit E-Kennzeichen das kostenlose Parken in öffentlichem Straßenraum bis zwei Stunden erlaubt, in der Innenstadt bis eine Stunde, sagte ein Sprecher des Verkehrsdezernats. Sollte sich eine Mehrheit dafür finden, werde die Regelung Anfang 2020 in Kraft treten. Weitere Privilegien seien nicht vorgesehen. Busspuren könne man aus technischen Gründen nicht für E-Autos freigeben. Die Autos würden Fahrzeuge des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) blockieren, die durch spezielle Technik bei Ampelphasen bevorzugt würden.

"An den Ladesäulen im öffentlichen Straßenraum können E-Fahrzeuge tagsüber (von 8 bis 20 Uhr) zwei Stunden und nachts unbegrenzt kostenfrei parken, dieses Angebot wird selbstverständlich angenommen", erklärt die Stadt WIESBADEN. Darüber hinaus würden E-Fahrzeuge auf von der Stadt bewirtschafteten Parkflächen von Parkgebühren bei einer maximalen Parkdauer von drei Stunden befreit. Man passe derzeit die letzten Parkscheinautomaten an. Eine Freigabe von Busspuren für E-Fahrzeuge oder die Einrichtung von Sonderspuren sei nicht vorgesehen. Vorrangige Ziele der Stadt seien, den ÖPNV und Radverkehr attraktiver zu machen. Eine Freigabe der Busspuren für elektrische Autos würde diese Ziele konterkarieren, hieß es.

IN DARMSTADT können E-Fahrzeuge während des Ladens auf entsprechenden Parkplätzen drei Stunden kostenfrei parken. "Weitere Maßnahmen wie kostenloses Parken auf bewirtschafteten Stellplätzen gibt es derzeit in Darmstadt nicht", sagte ein Sprecher. Ebenso könnten Sonderspuren für Elektrofahrzeuge nicht freigegeben werden, da diese größtenteils auch von Straßenbahnen mitgenutzt würden.

In KASSEL gab lange Zeit nur die kostenlosen Parkplätze an E-Ladesäulen. Doch seit Dezember können E-Auto-Fahrer auf sämtlichen der 10 000 gebührenpflichtigen Stellplätze der Stadt umsonst parken. Das gelte bis zur Höchstparkdauer von drei Stunden, sagte ein Stadtsprecher. Erkennbare Auswirkungen auf den Anteil der E-Mobilität habe das bisher nicht.

In GIEßEN wurden noch keine Privilegien eingeführt. "Aktuell in der Umsetzung befindet sich die Ausweisung der ersten Stellplätze ausschließlich für E-Autos, in Kürze werden wir unsere Parkgebührenordnung ändern und damit die Möglichkeit zum kostenlosen Parken für E-Autos einführen", sagte eine Sprecherin.

In FULDA gibt es laut der Verwaltung keine speziellen Privilegien für E-Autos.

Der ADAC Hessen-Thüringen befürwortet Privilegien für E-Autos. "Die sollen ruhig Vorteile haben", sagte Sprecher Cornelius Blanke. Allerdings beträfen solche Regelungen nur eine überschaubare Zahl von Fahrzeugen. Dass mehr Privilegien die Zahl der E-Autos nennenswert steigern, sei unwahrscheinlich. Niemand kaufe sich allein wegen solcher Vorteile ein Auto für 40 000 bis 50 000 Euro. "Diese Vorteile nimmt man gern mit, sie sind aber kein Entscheidungsgrund für ein E-Auto."

Das Land Hessen geht trotzdem von steigenden E-Auto-Zahlen aus. Knapp jedes fünfte Fahrzeug in Hessen könnte nach Berechnungen der Landesregierung in 15 Jahren mit E-Motor unterwegs sein. Von insgesamt 695 000 elektrisch betriebenen Fahrzeugen geht das Verkehrsministerium in Wiesbaden bis zum Jahr 2034 unter bestimmten Voraussetzungen aus, wie aus einer Antwort auf eine Anfrage dreier FDP-Landtagsabgeordneter hervorgeht. In fünf Jahren wären es demnach zwei Prozent der Fahrzeuge, was 73 000 E-Fahrzeugen entspreche. Zwar sei ein höherer Anstieg wünschenswert, tatsächlich veränderten sich die Zahlen aber nur sehr langsam, erklärte das Ministerium.

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