Trier:Datenschützer bei „Handy-Blitzer“-Projekt gegen Bußgelder

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Eine MONOcam zur Aufzeichnung von Handysündern am Steuer steht auf einer Brücke. (Foto: Harald Tittel/dpa/Archivbild)

Der oberste Datenschützer von Rheinland-Pfalz sieht beim Pilotprojekt eines neuen "Handy-Blitzers" derzeit die Erhebung von Bußgeldern kritisch. "Wir haben im...

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Trier/Mainz (dpa/lrs) - Der oberste Datenschützer von Rheinland-Pfalz sieht beim Pilotprojekt eines neuen „Handy-Blitzers“ derzeit die Erhebung von Bußgeldern kritisch. „Wir haben im Vorfeld gesagt: Wir würden nicht empfehlen, jetzt schon Bußgeldbescheide zu machen“, sagte der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit in Rheinland-Pfalz, Dieter Kugelmann, der Deutschen Presse-Agentur in Trier. Denn die Rechtsgrundlage, auf der das System Monocam aktuell von der Polizei Trier getestet werde, sei eher „wackelig“.

Die Erklärung: Die Kamera filme bei dem Überwachungssystem zunächst einmal alle vorbeifahrenden Fahrzeuge ab und erhebe dabei „anlasslos“ Bilder von Fahrzeugführern und Kennzeichen. Auch wenn eine Speicherung erst erfolge, wenn die Software ein Handy und eine typische Handhaltung für Handynutzung beim Fahrer erkenne, brauche es aus datenschutzrechtlicher Sicht für die vorherige Datenerfassung einer speziellen gesetzlichen Grundlage, sagte Kugelmann.

Rheinland-Pfalz ist das erste Bundesland, das seit dem 1. Juni das in den Niederlanden entwickelte System Monocam testet: zunächst drei Monate von der Polizei Trier, dann drei Monate von der Polizei Mainz. Bei dem System steht eine Kontrollkamera erhöht über dem Verkehr und übermittelt per Livestream Daten auf das Laptop der Polizisten in einem in der Nähe stehenden Kontrollbus. Auf die „Überwachung Handyverbot“ werden Fahrer zurzeit mit einem Schild hingewiesen.

Das rheinland-pfälzische Innenministerium teilte mit, dass direkt nach der Aufnahme speziell geschulte Polizisten einen festgestellten möglichen Verstoß bewerten würden, bevor dieser an die zentrale Bußgeldstelle zur Bearbeitung weitergeleitet werde. Wer erwischt wird, muss ein Bußgeld von 100 Euro bezahlen und bekommt einen Punkt in Flensburg.

Man sei sich mit Kugelmann „völlig einig, dass ein über den sechs Monate andauernden Pilotbetrieb hinausgehender Einsatz der Monocam einer speziellen gesetzlichen Grundlage bedürfte“, sagte die Sprecherin des Ministeriums. Jetzt werde allerdings „erst einmal auf einer allgemeinen Rechtsgrundlage zur Datenerhebung getestet und der Pilot im Anschluss bewertet“. Weiteren Schritten sei „vor einer Evaluation nicht vorzugreifen“, teilte sie mit.

Nach Angaben von Kugelmann war eine von ihm angeregte Verpixelung der personenbezogenen Daten vor Feststellung von Verstößen laut Hersteller technisch nicht möglich gewesen. „Und wir haben gesagt: Okay. Für das Pilotprojekt, drücken wir ein bisschen die Augen zu. Für die sechs Monate.“ Dann könne die Polizei schauen, ob und wie die Technik genau funktioniere. Für eine dauerhafte Einführung aber brauche es „eine extra gesetzliche Grundlage“. Denn schließlich sei es so, dass 99,9 Prozent der Leute, die fotografiert würden, ja nichts gemacht hätten.

Kugelmann betonte, der Zweck des neuen Systems sei gut und die Erhöhung der Verkehrssicherheit erstrebenswert. „Da spricht ja nichts gegen. Aber erst einmal die Gesamtbevölkerung abfilmen und dann hinterher gucken, das geht halt nur, wenn man das rechtlich absichert.“ Wenn man jetzt Bußgeldbescheide mache, müsse man mit Einsprüchen rechnen. „Dann geht das vors Gericht und das Gericht entscheidet so oder so.“

© dpa-infocom, dpa:220614-99-654522/2

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