Verkehr:Nix Börse - Ramsauer ändert Fahrplan der Bahn

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Aufgeschoben - und aufgehoben? Minister Ramsauer wettert gegen den Bahn-Börsengang. Auch Bahn-Chefaufseher Müller, ein Privatisierungsfan, muss gehen.

Auf dem Fahrplan des früheren Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) stand ein Ziel: der Börsengang der Bahn. Doch in der Finanzkrise befürchtete er, dass der Bund seine Anteile unter Wert verkaufen müsste. Seither liegt das Projekt auf Eis, und offiziell hat die schwarz-gelbe Koalition stets an dem Vorhaben festgehalten.

"Wer als Quasi-Monopolist nur auf das Börsenparkett schielt, lässt die Qualität links liegen", kritisierte Ramsauer. (Foto: Foto: dpa)

Geistig-moralische Wende

Jetzt aber greift ausgerechnet Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU)zum Steuerknüppel. Er meldet grundsätzliche Zweifel an dem Börsengang an. "Privatisierung um jeden Preis erweist sich in der Praxis häufig als Irrweg", sagt der Minister der Berliner Zeitung.

Hier hat der Christsoziale aus Bayern mal so eben eine geistig-moralische Wende eingeleitet.

Die Bahn habe, so Ramsauer, einen gemeinwirtschaftlichen Auftrag und müsse Standards im Schienenverkehr gewährleisten. Wegen der angestrebten Privatisierung und des unzureichenden Wettbewerbs aber habe das Staatsunternehmen die Bedürfnisse der Kunden in der Vergangenheit vernachlässigt.

"Wer als Quasi-Monopolist nur auf das Börsenparkett schielt, lässt die Qualität links liegen", kritisiert Ramsauer offen. Privatisierungspläne und Kostendruck seien auch mitverantwortlich für das S-Bahn-Chaos, das in Berlin derzeit für viel Ärger sorgt.

Hinzu komme die noch immer sehr kritische Situation der Finanzmärkte. Für die kommenden Jahre schloss Ramsauer daher eine Teilprivatisierung des Personen- und Güterverkehrs praktisch aus. "Ich bin nicht bereit, volkswirtschaftliches Vermögen zu verschleudern", sagt der Verkehrsminister. Wegen der Bedingungen auf dem Kapitalmarkt sei es Fachleuten zufolge vorerst kaum vorstellbar, "den Börsengang verantwortbar zu betreiben".

Die schwarz-gelbe Koalition hatte im Herbst vereinbart, an dem Vorhaben einer Teilprivatisierung der Deutschen Bahn festzuhalten. Sie soll laut Koalitionsvertrag beginnen, "sobald der Kapitalmarkt dies zulässt". Der bereits vorbereitete Verkauf der Transport- und Logistiksparte war kurz vor dem Börsengang im Herbst 2008 wegen der Finanzkrise abgesagt worden.

Müller steht vor der Ablösung

Auch Werner Müller, der Aufsichtsratschef der Bahn, zählte zu den Befürwortern der Privatisierung. Er war mal unter Gerhard Schröder (SPD) Wirtschaftsminister. Nach der Bundestagswahl werde sich das Thema erneut stellen, hatte es gemüllert. Nun steht der Manager, der bis Ende 2008 den Mischkonzern Evonik führte, auch bei der Bahn vor dem Absprung.

"Ich stehe für eine weitere Amtzeit nicht zur Verfügung", erklärte Müller. "Darüber habe ich die Bundesregierung bereits vor einigen Tagen informiert." Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister will damit offensichtlich Debatten im Bundeskabinett über seine Person vermeiden.

In Regierungskreisen heißt es, man habe sich allerdings noch nicht auf einen Nachfolger festgelegt. Es seien etwa drei bis vier Kandidaten im Gespräch, darunter der Commerzbank-Aufsichtsratschef Klaus-Peter Müller. Ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums will sich nicht zu den Angaben äußern.

Sicher ist nur: Bei der Deutschen Bahn läuft alles ganz anders.

© sueddeutsche.de/AFP/Reuters/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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